I­n unserer Natur wird es immer stiller, das vertraute Summen und Brummen, das Zwitschern und Zirpen wird weniger. Das Insekten- und Vogelsterben sorgt für traurige Schlagzeilen in den Medien. Ein Aktionsplan zum Schutz der Biodiversität ist längst überfällig. Die Bemühungen, das bereits 2011 vereinbarte globale Ziel zur Sicherung der biologischen Vielfalt umzusetzen, blieben bisher zahnlos.

Die Europäische Union hat sich indessen zum Ziel gesetzt, bis 2020 den voranschreitenden Verlust der Biodiversität zu stoppen. Doch schon jetzt ist klar, dass auch dieses Ziel weit verfehlt wird, sowohl in der EU als auch in Österreich. GLOBAL 2000 fordert, dass ein umfassender Aktionsplan zum Schutz der Artenvielfalt im neuen Regierungsprogramm festgesetzt wird. Darüber hinaus müssen auch die EU-Kommission, die Landesregierungen und die Gemeinden schnellstmöglich die notwendigen Schritte setzen, um den Verlust der biologischen Vielfalt zu stoppen.

Die Zeit drängt. Uns drohen stumme Wiesen und Wälder

  • Eine Million Arten sind weltweit vom Aussterben bedroht
  • Seit 1998 sind ein Drittel der Vögel in österreichischen Kulturlandschaften verschwunden
  • Über die Hälfte der heimischen Schmetterlinge ist gefährdet
  • Rund 40% der heimischen Farn- und Blütenpflanzen gelten als gefährdet
  • Experten rechnen damit, dass es bei uns etwa 80 Prozent (!) weniger Insekten gibt als noch vor 30 Jahren.

Setzt sich diese Entwicklung fort, erleben wir bald stumme Wiesen und Wälder – ohne das Summen der Insekten. Es ist Zeit zu handeln!

Wir brauchen einen Aktionsplan Artenschutz:

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1. Erhalt und Schaffung von naturnahen Lebensräumen in Agrarlandschaften und forstwirtschaftlich genutzten Wäldern

Der Verlust von Lebensräumen ist die primäre Ursache für das Artensterben. Die wichtigste Maßnahme zum Schutz der biologischen Vielfalt ist daher der Erhalt bzw. die Neuschaffung von natürlichen Flächen.

  • Förderung von kleinstrukturierter Landwirtschaft mit strukturreichen Feldrändern
  • Erhalt und Anlage von Blühflächen, Blühstreifen, Hecken oder Baumgruppen
  • Schutz und Förderung besonders sensibler, extensiv genutzter Wiesen
  • Förderung insektenschonender Grünlandbewirtschaftung: Extensivierung der Mahd (reduzierte Mahdhäufigkeiten, abgestufte Mahd, Förderung von insektenschonenden Mähmaschinen)
  • Reduktion der Nährstoffeinträge
  • Reform des Agrarfördersystems (GAP) zur Extensivierung und Ökologisierung der Landwirtschaft. Die Vergabe von Fördergeldern muss direkt an ökologische und biodiversitätsfördernde Maßnahmen gebunden werden, rein an Flächengröße gebundene Direktzahlungen müssen hingegen reduziert werden.
  • Erhalt von Feuchtstandorten: keine weitere Trockenlegung von Mooren, Sumpfgebieten und anderen Feuchtstandorten für die landwirtschaftliche Nutzung. Wo es sinnvoll und möglich ist, sollte eine Renaturierung und Anpassung der Nutzungsform stattfinden.
  • Erhaltung und Wiederherstellung naturnaher Gewässer und ihrer Auen
  • Mehr Wildnis in den Wäldern: Förderung standortgerechter und strukturreicher Mischwälder statt artenarmen Monokulturen. Belassen von Totholz in den Wäldern.

2. Flächenversiegelung eindämmen

Eine Reform der Raumordnungsgesetze der Länder ist notwendig, denn Österreich ist europäischer Spitzenreiter im Versiegeln von Böden. Der Erhalt der kostbaren Ressource Boden ist aus vielerlei Gründen wichtig und auch essentiell für den Erhalt der Artenvielfalt.

  • Verlagerung der Flächenwidmungskompetenz auf eine übergeordnete Ebene
  • Drastische Reduktion des täglichen Bodenverbrauchs

3. Reduktion des Pestizideinsatzes in der Land- und Forstwirtschaft und vollständiger Pestizidverzicht auf anderen Flächen

Der Einsatz von Pestiziden darf nur eine absolute Notlösung sein, bisher werden sie allerdings standardmäßig großflächig eingesetzt.

  • Erhöhung des Anteils an biologischer Landwirtschaft
  • Ausbringungsverbot für nicht-berufliche AnwenderInnen
  • Überarbeitung des Nationalen Aktionsplans Pflanzenschutz: Es braucht konkrete Reduktionsziele für Pestizide, unabhängige Beratung, wirksame Kontrollen und Sanktionsmöglichkeiten
  • Verbot von Werbung für Pestizide
  • Kostenwahrheit bei Pestiziden: Höhere Besteuerung von Pestiziden aufgrund ihres Gefährdungspotentials für Umwelt und Mensch
  • Verpflichtendes Randstreifenprogramm im Ackerbau ohne Pestizide und Düngung.

4. Natur im Siedlungsraum fördern

Siedlungsgebiete können bei entsprechender Gestaltung wichtige Lebensräume für viele Tier- und Pflanzenarten sein.

  • Naturnahe, artenreiche Grünraumgestaltung mit wichtigen Pflanzen für Bienen, Schmetterlinge und Co.
  • Erhalt und Schaffung von Kleinstrukturen als Lebensräume
  • Pestizidverzicht auf öffentlichen Flächen
  • Reduktion der Lichtverschmutzung und Verwendung von insektenfreundlichen Leuchtmitteln

5. Aufwertung und Erweiterung von Naturschutzgebieten

Noch vorhandene Lebensräume mit großer Artenvielfalt sowie mit seltenen Arten müssen erhalten werden, beispielsweise durch Vertragsnaturschutz und Schaffung von Schutzgebieten.

  • Sicherstellung ausreichender finanzieller Förderung zum dauerhaften Erhalt bestehender Naturschutzgebiete und zusätzliche Errichtung neue Schutzgebiete
  • Verstärkte Vernetzung von Schutzgebieten über Trittsteinbiotope und Korridore zur Förderung der Ausbreitung von Arten
  • Verbot des Pestizideinsatzes und von Düngung in Schutzgebieten
  • Errichtung von Pufferzonen zum Schutz von Naturschutzgebieten mit angrenzender intensiver Landwirtschaft

6. Klimaschutzmaßnahmen

Der Klimawandel stellt eine zunehmende Bedrohung für die Biodiversität dar, denn ganze Ökosysteme verändern sich und das in einem Tempo, dass eine Anpassung von Tier- und Pflanzenarten auf die neuen Bedingungen sehr schwer macht. Neuesten Studien zufolge sind deutlich mehr Arten durch den Klimawandel bedroht als bisher angenommen. Besonders heikel ist die Wechselwirkung zwischen Klimawandel und Biodiversitätsverlust, denn eine geringere Vielfalt bedeutet ein instabileres System, d.h. durch das Artensterben verschlimmern sich die negativen Auswirkungen des Klimawandels noch weiter. Die Biodiversität ist ein wichtiges Sicherheitsnetz, um die Effekte des Klimawandels bis zu einem gewissen Grad abzufangen.

  • Ausbau erneuerbarer Energien auf 100%
  • Abschaffung umweltschädlicher Subventionen, wie z.B. der Steuerbegünstigung von Diesel und Kerosin
  • Einführung einer CO2-Steuer
  • Aufstockung des Klimafonds auf ein Gesamtbudget von € 200 Mio.
  • Förderung des öffentlichen Verkehrs und Fuhrparkumstellungen auf E-Mobilität
  • Förderung von Gebäudesanierungen und Energieeffizienzmaßnahmen
  • Förderung klimaneutraler Produktion (z.B. von Humus- und Bodenaufbau in der Landwirtschaft)
  • Kostenwahrheit bei landwirtschaftlichen Produkten: stärkere Einpreisung von klimaschädlichen Aspekten wie z.B. lange Transportwege. Faire Preise für regionale und saisonale Produkte.

7. Start einer Forschungs- und Bildungsoffensive

Es ist notwendig die bestehenden Wissenslücken in Bezug auf das Artensterben zu schließen und zielgerichtete und Effektive Maßnahmen ergreifen zu können. Außerdem muss die Bedeutung der biologischen Vielfalt von der Gesellschaft anerkannt und der Schutz der Biodiversität in allen Lebensbereichen verankert werden.

Dies kann u.a. durch folgende Maßnahmen erreicht werden:

  • Langfristiges und systematisches Insekten-Monitoring mit Schwerpunkt auf bestäubungsökologisch relevante Insektengruppen (Tagfalter, Bienen, Schwebfliegen, Bockkäfer…)
  • Verstärkte Forschung zum Wildbienenschutz
  • Regelmäßigere Aktualisierung der Roten Listen
  • Strenge Kontrolle der Auswirkungen von Umweltbelastungen auf die Biodiversität, wie z.B. jene des Pestizideinsatzes. Neue Erkenntnisse aus der Forschung müssen schnellstmöglich in die Risikobewertung von Umweltgiften einfließen.
  • Förderung von Aus- und Weiterbildungen zum Thema Biodiversität
  • Unabhängige Beratung für LandwirtInnen
  • Stärkere Implementierung von Biodiversität in die Lehrpläne der Schulen

Die Zeit drängt. Es ist Zeit zu handeln!