Antibiotika in der Landwirtschaft und antibiotikaresistente Keime

Massentierhaltung trägt zur Ausbreitung antibiotikaresistenter Keime bei - wir fordern weniger und kontrollierteren Einsatz von Antibiotika in der Landwirtschaft.

Unterschätzte Gefahr für Mensch und Umwelt

Der Einsatz von Antibiotika ist sowohl in der Human- als auch in der Tiermedizin ein immer kritischeres Thema - denn sowohl Menschen als auch Tiere bekommen Antibiotika in der Regel zu häufig verschrieben oder verabreicht. Durch jene übersteigerten Antibiotika-Einnahmen wird die Entstehung von Resistenzen bei Bakterien gefördert. Schwerwiegende Krankheiten werden dadurch immer schwieriger zu behandeln. 25.000 Todesfälle jährlich in der EU, 400.000 Infektionen, 2,5 Millionen zusätzliche Krankenhaustage und 1,5 Milliarden Euro an Mehrkosten für das Gesundheitswesen werden durch antibiotikaresistente Keime jährlich verursacht.

Problem Massentierhaltung

Die immer häufigere Verschreibung von Antibiotika an Menschen trägt sicherlich zu einer Häufung der Resistenzen bei, das viel größere Problem liegt jedoch bei der Massentierhaltung. Vor allem in der Massenhaltung von Hühnern, aber auch bei Schweinen und Rindern werden diese Medikamente in großer Menge eingesetzt. Wegen der engen Belegschaft breiten sich Krankheiten schnell aus und deshalb wird oft - besonders bei Hühnern - die gesamte Belegschaft mit Antibiotika versorgt, auch die noch nicht erkrankten Tiere.

In allen untersuchten Proben MRSA und ESBL- Keime gefunden

Bereits im März 2012 deckte GLOBAL 2000 auf, dass sich in österreichischem Hühnerfleisch auf sechs von sieben Proben antibiotikaresistente Keime befanden. Durch Verzehr dieses Fleisches können die Keime im menschlichen Organismus aufgenommen werden und unter Umständen zu schweren Beeinträchtigungen führen. Der Einsatz von Antibiotika ist aber auch aus Umweltsicht sehr kritisch zu betrachten: Die Abbauprodukte dieser Medikamente landen oftmals in Wasser und Boden.

Bei der Studie wurden vier große österreichischen Hühnerfleischproduzenten auf antibiotikaresistente Keime (Methicillin-resistenter Staphylococcus Aureus (MRSA) und Extended Spectrum Beta-Laktamase (ESBL) produzierende Escherichia Coli (E. Coli)). Bis auf eine einzige wurden in allen Proben sowohl MRSA als auch ESBL-Keime gefunden.

Diese Keime können bei Menschen mit einem schwachen Immunsystem gravierende gesundheitliche Probleme auslösen. Lungenentzündungen, Harnwegsinfekte, schwere Blutvergiftungen oder komplizierte Entzündungen der Haut können die Folge sein. Das Problem: Da die Keime auf Antibiotika resistent sind, die auch in der Humanmedizin eingesetzt werden, wird es immer schwieriger, ein geeignetes Medikament für die Behandlung zu finden. EU-weit wird von 25.000 Todesfällen jährlich auf Grund von Antibiotika-Resistenzen gesprochen.

Das Problem ist, dass bei der Erkrankung einzelner Tiere in der Massentierhaltung gleich der gesamte Stall mit Antibiotika behandelt wird. Das bedeutet, dass der Großteil der Hühner präventiv mit Medikamenten gefüttert wird, obwohl sie gesund sind. Obendrein werden die Medikamente oft zu kurz verabreicht, sodass Resistenzen entstehen.

Bio-Fleisch normalerweise nicht betroffen

In unserer Testreihe wurde nur ein Bio-Huhn getestet, das allerdings von einem Anbieter stammt, der auch konventionelle Hühner produziert. Eine Übertragung kann über Menschen, aber auch in verschiedenen Verarbeitungsschritten bei der Aufbereitung des Produktes erfolgen, wenn in der gleichen Anlage auch konventionelle Hühner verarbeitet werden. So könnte es in diesem Fall zu einer Kontamination von außen gekommen sein. Zu betonen ist hier aber, dass Bio-Hühner normalerweise keine der oben genannten Keime aufweisen, wie wir aus anderen Studien wissen. Bei Bio-Hühnern werden grundsätzlich wesentlich weniger Antibiotika eingesetzt und die Behandlung erfolgt gezielt und nur bei erkrankten Tieren.

Bio statt Massentierhaltung

Neben der Politik können auch die Konsument:innen zur Verbesserung der Situation beitragen: Wir alle können auf billiges Fleisch aus Massentierhaltung verzichten und eine nachhaltige Landwirtschaft mit einer artgerechten Tierhaltung durch unsere tägliche Kaufentscheidung mit beeinflussen.

Tiere aus artgerechter Haltung werden seltener krank, können gezielter behandelt werden und bieten noch dazu bessere Qualität. In der Biohaltung ist der Einsatz von Antibiotika überhaupt verboten. Es kann nicht sein, dass ein vermeintlich billiges, industrialisiertes Landwirtschaftssystem die wahren Kosten der Allgemeinheit und der Umwelt umhängt.

Wir empfehlen Fleisch aus dem Bio-Supermarkt. Diese sind über die Bio-Haltung hinaus meist auch besonders artgerecht gehalten und werden in eigenen Schlachtbetrieben verarbeitet.

Wir fordern Transparenz und Umdenken!

Auf behördlicher Seite muss es dringend zu strengeren Kontrollen bei der Antibiotika-Gabe kommen. Prophylaktische Verabreichung dieser Mittel ist verboten - doch jedes Verbot ist nur so gut wie seine Kontrollen. GLOBAL 2000 fordert deshalb dringend eine zentrale Erfassung und ein bundesweites transparentes Monitoring von Antibiotikaeinsatz und Resistenzenentwicklung in der Landwirtschaft. Es muss ein Umdenken in der österreichischen Agrarpolitik stattfinden – die derzeitigen Entwicklungen finden auf dem Rücken der österreichischen Konsument:innen statt. Die Regierung subventioniert die risikobehaftete Intensiv-Tierhaltung, und übt so indirekt Gesundheitsgefährdung für die Endkund:innen aus.