Wir haben gewonnen! EU-Parlament erteilt EU-Saatgutverordnung eine Absage

Heute, am 11. März 2014, haben wir einen Grund zum Feiern: In einer überwältigenden Mehrheit stimmten die Abgeordneten im EU-Parlament gegen die von der EU-Kommission vorgeschlagene Saatgut-Verordnung, die alte und seltene Sorten von Obst, Gemüse und Getreide massiv gefährdet hätte. Vor fast genau einem Jahr startetet GLOBAL 2000 gemeinsam mit der ARCHE NOAH die Kampagne „Freiheit für die Vielfalt“. Innerhalb von wenigen Wochen haben eine viertel Million Menschen die Petition unterzeichnet. Nun, zwei Monate vor der Wahl zum Europäischen Parlament, erteilten die EU-Abgeordneten dieser umstrittenen Verordnung die Absage.

WIR GESTALTEN UNSERE ZUKUNFT

Bis zum letzten Moment war der Ausgang der Abstimmung offen geblieben. „Es gab Bestrebungen bei der Europäischen Volkspartei und den EU-Sozialdemokraten, eine Zurückweisung zu verhindern und nach der EU-Wahl an der Verordnung weiterzuarbeiten, als wäre nichts gewesen. Doch der Apell der BürgerInnen hat gewirkt: Insgesamt protestierten über 400.000 Bürgerinnen in Österreich, allein in der vergangenen Woche haben rund 50.000 Menschen E-Mails an das Parlament geschrieben und eine Zurückweisung gefordert“, sagt Heidemarie Porstner, Agrarsprecherin bei der Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000. „Dieses Beispiel zeigt: Wir alle können EU-Gesetzgebung mitgestalten, wenn wir uns rechtzeitig einbringen!“ Vor allem der persönlichen Initiative von Elisabeth Köstinger (ÖVP), die die Europäische Volkspartei von der Zurückweisung überzeugt hat, und dem großen Einsatz von Karin Kadenbach (SPÖ), die Sozialdemokraten hinter die Position pro Vielfalt zu bringen, ist es zu verdanken, dass dieses Votum möglich wurde. „Wir bedanken uns ganz herzlich.“, betonen Porstner und Niznik.

    Was Konzerne aus der Vielfalt machen

    250 VERBESSERUNGSVORSCHLÄGE

    Während der Verhandlungsphase im EU-Parlament hatten GLOBAL 2000 und die ARCHE NOAH dutzende Gespräche in Brüssel, Strassburg und Wien geführt und rund 250 konkrete Verbesserungsvorschläge zu den 142 Artikeln der Verordnung formuliert. „Doch die Zurückweisung ist der beste Weg, um ein zukunftsweisendes EU-Saatgut- und Pflanzgutrecht zu erarbeiten“, kommentiert Porstner. „Die EU-Saatgutverordnung hat Industriepflanzen zum einzig gültigen Gesetz erhoben. Alte und seltene Sorten von Gemüse, Getreide und Obst wurden als wertlos abgestempelt und in bürokratische Nischen verbannt – ein Bauer hätte Saatgut ohne Auflagen nicht einmal herschenken können. Das hätte einen bedeutenden Verlust der Sortenvielfalt zur Folge gehabt.“

    Niznik betont: „Die EU-Kommission hat jetzt hoffentlich verstanden, dass die KonsumentInnen in Europa Vielfalt wollen. In einem neuen Entwurf müssen Vielfaltspflanzen einen gleichberechtigten Zugang zum Markt bekommen – auf Augenhöhe mit modernen Hochzuchtsorten. Das bedeutet, dass die behördliche Zulassung von Sorten, die de facto nur Hochzuchtsorten und großen Firmen offen steht, freiwillig werden muss.“

    Die EU-Saatgutverordnung war am 6. Mai 2013 unter heftigem Protest der Öffentlichkeit und lautem Jubel der Industrie veröffentlicht worden. EU-weit unterschrieben rund 800.000 Menschen Petitionen gegen die Verordnung, allein in Österreich unterstützen rund 400.000 die Petition „Freiheit für die Vielfalt“.

      DANKE!

      Wir bedanken uns aber vor allem bei den 400.000 Menschen, die unsere Petition unterzeichnet haben. Ohne diese breite Unterstützung aus der Zivilgesellschaft wäre der Erfolg der Kampagne niemals möglich gewesen! Letztlich waren es die vielen besorgten Stimmen aus der Bevölkerung, die den verantwortlichen PolitikerInnen gezeigt haben, dass diese Saatgut-Verordnung so nicht durchgehen darf.

      Das waren unseren Forderungen

      Vielfalt landwirtschaftlicher Kulturpflanzen schützen und fördern:

      • Keine verpflichtende Sortenzulassung und Zertifizierung für samenfestes Saat- und Pflanzgut, das nicht durch geistiges Eigentumsrecht (IPR) geschützt ist

        Demokratie und bäuerliche Rechte schützen und fördern:

      • Der Austausch von Saat- und Pflanzgut zwischen Bauern, sowie zwischen Bauern und anderen Interessierten darf nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung fallen.
      • Der Anwendungsbereich der Verordnung muss sich auf das Inverkehrbringen von Saat- und Pflanzgut zum Zweck der kommerziellen Nutzung und oberhalb bestimmter Mengen (Art. 8 (2) EG-VO 1765/92) beschränken.

      Wahlmöglichkeit und Transparenz für VerbraucherInnen schützen und fördern:

      • Samenfeste Sorten und Sorten, welche für den biologischen Landbau oder spezielle lokale Bedingungen gezüchtet wurden, dürfen nicht durch Pflanzengesundheitsvorschriften sowie die Normen von Zertifizierung oder Zulassung diskriminiert werden. Auch freiwillige Zulassung darf diese Art von Sorten nicht diskriminieren.
      • Für kleinste und kleine Unternehmen sollen nur Grundanforderungen betreffend Etikettierung gelten – sofern sie nicht mit gentechnisch veränderten Organismen oder Saat- und Pflanzgut arbeiten, das durch geistige Eigentumsrechte geschützt ist (Sortenschutz oder Patente)
      • Bei zugelassenen Sorten muss Transparenz über die verwendeten Züchtungsmethoden und alle erteilten geistigen Eigentumsrechte sichergestellt sein.