Pestizide: Grundwasserskandal in Korneuburg

Der Grundwasserskandal in Korneuburg - Pestizide der Firma Kwizda treten in den Boden aus

Chemikalien
GLOBAL 2000

Im September 2012 werden wir von besorgten AnrainerInnen Korneuburgs darüber informiert, dass ihre Gartenpflanzen unnatürlich wachsen oder absterben wenn sie mit Brunnenwasser gegossen werden. Die BewohnerInnen wurden zuvor über geringe Mengen eines Pestizids in ihrem Wasser informiert, sind aber aufgrund ihrer Pflanzen trotzdem besorgt. Darauffolgende Untersuchungen decken die bis dato größte Grundwasserverseuchung mit Pestiziden in ganz Österreich auf.

Was war passiert?

Die Chemikalienfirma Kwizda hat ihren Sitz nahe Korneuburg und bewahrt ihre Pestizide in großen Auffangbecken und unterirdischen Anlagen auf. Von 2010 bis ins Jahr 2012 treten immer wieder gefährliche Chemikalien in den Boden aus, die sich schließlich auch im Grundwasser der Umgebung ansammeln. Kwizda und die Behörden informierten die Anrainer über geringe Mengen Pestizide in ihrem Wasser, verschwiegen aber das gesamte Ausmaß der Verseuchung. Eingesetzte Sanierungsmaßnahmen führen zu enorme ökologische Schäden.

Strafanzeige

Nachdem die Untersuchungen das enorme Ausmaß der Kontamination verdeutlichen, legen wir von GLOBAL 2000 umgehend Strafanzeige bei der BH (Bezirkshauptmannschaft Korneuburg) ein. Die Chemikalienproduzenten leugnen erst, geben aber schon nach wenigen Wochen zu, verantwortlich für die Katastrophe zu sein. Gleichzeitig leitet die Umweltabteilung des LKA Niederösterreich Ermittlungungen gegen Kwizda ein, wegen Verdacht auf vorsätzliche Umweltgefährdung. In dieser Zeit werden uns anonym Dokumente von Verhandlungen der Jahre 2010 bis 2012 zwischen der BH Korneuburg und dem Amt der NÖ Landesregierung mit Kwizda zugespielt. Nach dessen Auswertung erhärtet sich für uns der Verdacht, dass Ausmaß und Umfang der Verseuchung, sowohl der Behörde als auch der Firma Kwizda bekannt waren. Die Öffentlichkeit wurde jedoch nur über ein Pestizid in geringer Form informiert. Tatsächlich wurde aber das Pestizid Clopyralid über fast zwei Jahre in riesigen Mengen vom Firmengelände und der Umgebung abgepumpt und in den Donaugraben eingeleitet, was enorme ökologische Schäden verursachte. GLOBAL 2000 beschließt daraufhin zu einer Sachverhaltsdarstellung und einer Anzeige gegen die Behörde wegen Verdacht auf Mittäterschaft. Infolgedessen leitet das Bundesamt für Korruptionsprävention und –bekämpfung Ermittlungen gegen die Bezirktshauptfrau von Korneuburg, ihren Stellvertreter Peter Suchanek sowie gegen den chemischen Sachverständigen des Amtes der NÖ Landesregierung Tschinkowitz ein.

Als wäre das nicht schon genug, stellt sich heraus, dass die Präsidentin des Gerichts in Korneuburg die Schwester einer Hauptverdächtigen ist und auch andere Interessenkonflikte vorliegen. Wir fordern die Staatsanwaltschaft Korneuburg auf sich für Befangen zu erklären und den Akt an eine andere Staatsanwaltschaft zu übergeben. Die Staatsanwaltschaft kommt unserer Forderung nach und der Akt landet schließlich bei der Staatsanwaltschaft Wien. Insgesamt wird drei Jahre lang ermittelt, zu einer Anklage kommt es jedoch nicht.

Umweltbeschwerde

Nachdem die Bezirkshauptmannschaft (BH) das tatsächliche Ausmaß der Kontamination erhoben hatte, starten sie erste Sanierungsmaßnahmen. Diese Maßnahmen sahen vor über Jahre ungefiltertes belastetes Grundwasser in die Donau einzuleiten. Aus diesem Grund reichen wir wenig später eine Umweltbeschwerde ein.

Die Bezirkshauptmannschaft weißt unsere Umweltbeschwerde jedoch zurück, mit der Begründung sie sei nicht berechtigt, da der Schaden vor Inkrafttreten des Bundesumwelthaftungsgesetzes (das die Grundlage für die Umweltbeschwerde darstellt), aufgetreten sei. Zur Untermauerung ihres Arguments wurde noch ein geohydrologisches Gutachten beigelegt. Da diese Begründung einem schlechtem Scherz gleich kommt, erheben wir Einspruch und bekommen Recht. Die Behörde (BH) muss daraufhin ihre Ablehnung unserer Beschwerde besser begründen. Sie lässt ein weiteres Gutachten erstellen, diesmal von einem privaten Sachverständigen der in seinem Gutachten festhält, dass eine Belastung des Grundwassers zwischen 2009 und 2012 nicht mehr nachweisbar wäre. Der Richter lässt sich von diesem Schreiben in seinem Urteil leiten und gibt der Behörde Recht. Und das obwohl im Dezember 2012 80% der unterirdischen Anlangen der Firma Kwizda in denen Pestizide gelagert werden undicht waren. Die Kosten für das Gutachten (ca 7.000 Euro) werden GLOBAL 2000 auferlegt.

Trinkwasserkontamination

Kurz nach der Aufdeckung der Grundwasserverseuchung beginnt die BH mit den Untersuchungen des Gebietes und stellt fest, dass die Kontamination bereits die Trinkwasserversorgung der EVN Wasser für den Raum Bisamberg und das Russbachtal erreicht hat. Die EVN teilte daraufhin mit, dass nie verseuchtes Wasser ausgegeben wurde. Um das zu überprüfen, starten wir einen Eiswürfeltest. Wir fordern die Anrainer auf uns Eiswürfel aus dem Sommer 2011 und 2012 zukommen zu lassen und finden eine dreifache Grenzwertüberschreitung der Chemikalie in den Trinkwasserproben.

Was haben wir erreicht:

  • Wir haben das Rätsel der verkrüppelten Pflanzen gelöst und die bis dato größte Pestizidkontamination in Österreich aufgedeckt
  • Wasserversorgung mit belastetem Trinkwasser durch EVN wurde gestoppt
  • Kontaminiertes Gebiet wurde saniert
  • Gegen Kwizda wurde ein Strafverfahren eingeleitet, Kwizda bekannte sich schuldig und bekam Milde zu spüren
  • Kwizda muss Umspundung machen – dh. eine Schutzwand um das verseuchtes Gebiet bauen, damit sich Pestizide nicht mehr verbreiten können