I­n unserer Natur wird es immer stiller, das vertraute Summen und Brummen, das Zwitschern und Zirpen wird weniger. Das Insekten- und Vogelsterben sowie auch der rasante Rückgang von Feldhasen, Igeln und anderen Säugetieren sorgt regelmäßig für traurige Schlagzeilen in den Medien. Ein wirksamer Aktionsplan zum Schutz der Biodiversität ist längst überfällig. Die Bemühungen, das bereits 2011 vereinbarte globale Ziel zur Sicherung der biologischen Vielfalt umzusetzen, blieben bisher zahnlos.

Die Europäische Union hatte sich bereits im letzten Jahrzehnt zum Ziel gesetzt, bis 2020 den voranschreitenden Verlust der Biodiversität zu stoppen. Dieses Ziel wurde nicht annähernd erreicht. Im Gegenteil – das dramatisch schnell voranschreitende Artensterben wird durch neuere Erhebungen immer deutlicher. So wurde die Anzahl an weltweit vom Aussterben bedrohten Arten erst von 1 Mio. auf 2 Mio. hinauf korrigiert. Sowohl in der EU als auch in Österreich gibt es Biodiversitätsstrategien zum Schutz der biologischen Vielfalt, doch sind diese bisher ohne signifikante Wirkung und werden es ohne konkreten Aktionsplan auch bleiben. GLOBAL 2000 fordert deshalb, dass ein umfassender Aktionsplan zum Schutz der Artenvielfalt im neuen Regierungsprogramm festgesetzt wird. Darüber hinaus müssen auch die EU-Kommission, die Landesregierungen und die Gemeinden schnellstmöglich die notwendigen Schritte setzen, um den Verlust der biologischen Vielfalt zu stoppen.

Die Zeit drängt. Uns drohen stumme Wiesen und Wälder

  • Zwei Millionen Arten sind weltweit vom Aussterben bedroht
  • Laut Living Planet Report sind die Wildtierbestände weltweit seit 1970 um 73 % geschrumpft
  • Seit 1980 sind in Europa rund 600 Millionen Brutvögel verschwunden
  • Der Farmland Bird Index zeigt, dass in Österreich seit 1998 Vögel in heimischen Kulturlandschaften um mehr als 40 % weniger geworden sind
  • 100 % aller heimischen Amphibien und Reptilien stehen auf den Roten Listen der gefährdeten Tierarten
  • Über die Hälfte der heimischen Schmetterlinge ist gefährdet
  • Rund 40 % der heimischen Farn- und Blütenpflanzen gelten als gefährdet

Dies ist nur ein kleiner Auszug an Daten und Fakten zum aktuellen Artensterben. Setzt sich diese Entwicklung fort, erleben wir bald stumme Wiesen und Wälder – ohne das Summen der Insekten und Zwitschern der Vögel. Es ist Zeit, zu handeln!

Wir brauchen einen Aktionsplan Artenschutz:

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Der Verlust von Lebensräumen ist die primäre Ursache für das Artensterben. Die wichtigste Maßnahme zum Schutz der biologischen Vielfalt ist daher der Erhalt bzw. die Neuschaffung von natürlichen Flächen.

  • Förderung von kleinstrukturierter Landwirtschaft mit strukturreichen Feldrändern
  • Erhalt und Anlage von Blühflächen, Blühstreifen, Hecken oder Baumgruppen
  • Schutz und Förderung besonders sensibler, extensiv genutzter Wiesen
  • Förderung insektenschonender Grünlandbewirtschaftung: Extensivierung der Mahd (reduzierte Mahdhäufigkeiten, abgestufte Mahd, Förderung von insektenschonenden Mähmaschinen)
  • Reduktion der Nährstoffeinträge
  • Reform des Agrarfördersystems (GAP) zur Extensivierung und Ökologisierung der Landwirtschaft. Die Vergabe von Fördergeldern muss direkt an ökologische und biodiversitätsfördernde Maßnahmen gebunden werden, rein an Flächengröße gebundene Direktzahlungen müssen hingegen reduziert werden.
  • Erhalt von Feuchtstandorten: keine weitere Trockenlegung von Mooren, Sumpfgebieten und anderen Feuchtstandorten für die landwirtschaftliche Nutzung. Wo es sinnvoll und möglich ist, sollte eine Renaturierung und Anpassung der Nutzungsform stattfinden.
  • Erhaltung und Wiederherstellung naturnaher Gewässer und ihrer Auen
  • Mehr Wildnis in den Wäldern: Förderung standortgerechter und strukturreicher Mischwälder statt artenarmen Monokulturen. Belassen von Totholz in den Wäldern.

Eine Reform der Raumordnungsgesetze der Länder ist notwendig, denn Österreich im europäischen Spitzenreiterfeld beim Versiegeln von Böden. Der Erhalt der kostbaren Ressource Boden ist aus vielerlei Gründen wichtig und auch essenziell für den Erhalt der Artenvielfalt.

  • Verlagerung der Flächenwidmungskompetenz auf eine übergeordnete Ebene
  • Drastische Reduktion des täglichen Bodenverbrauchs

Der Einsatz von Pestiziden darf nur eine absolute Notlösung sein, bisher werden sie allerdings standardmäßig großflächig eingesetzt.

  • Erhöhung des Anteils an biologischer Landwirtschaft
  • Ausbringungsverbot für nicht-berufliche AnwenderInnen
  • Konsequente Umsetzung des Nationalen Aktionsplans über die nachhaltige Verwendung von Pflanzenschutzmitteln und Nachschärfung bei den Zielen
  • Verbot von Werbung für Pestizide
  • Kostenwahrheit bei Pestiziden: Höhere Besteuerung von Pestiziden aufgrund ihres Gefährdungspotenzials für Umwelt und Mensch

Siedlungsgebiete können bei entsprechender Gestaltung wichtige Lebensräume für viele Tier- und Pflanzenarten sein.

  • Naturnahe, artenreiche Grünraumgestaltung mit wichtigen Pflanzen für Bienen, Schmetterlinge und Co.
  • Erhalt und Schaffung von Kleinstrukturen als Lebensräume
  • Verbot chemisch-synthetischer Pestizide auf öffentlichen Fläche
  • Reduktion der Lichtverschmutzung und Verwendung von insektenfreundlichen Leuchtmitteln

Noch vorhandene Lebensräume mit großer Artenvielfalt sowie mit seltenen Arten müssen erhalten werden, beispielsweise durch Vertragsnaturschutz und Schaffung von Schutzgebieten.

  • Sicherstellung ausreichender finanzieller Förderung zum dauerhaften Erhalt bestehender Naturschutzgebiete und zusätzliche Errichtung neue Schutzgebiete
  • Verstärkte Vernetzung von Schutzgebieten über Trittsteinbiotope und Korridore zur Förderung der Ausbreitung von Arten
  • Verbot des Pestizideinsatzes in Schutzgebieten
  • Errichtung von Pufferzonen zum Schutz von Naturschutzgebieten mit angrenzender intensiver Landwirtschaft
  • Verbesserung des Schutzes von Natura 2000 Gebieten, durch konsequente Durchführung von Naturverträglichkeitsprüfungen bei Eingriffen

Der Klimawandel stellt eine zunehmende Bedrohung für die Biodiversität dar, denn ganze Ökosysteme verändern sich und das in einem Tempo, welches eine Anpassung von Tier- und Pflanzenarten auf die neuen Bedingungen sehr schwer macht. Neuen Studien zufolge sind deutlich mehr Arten durch den Klimawandel bedroht als bisher angenommen. Besonders heikel ist die Wechselwirkung zwischen Klimawandel und Biodiversitätsverlust, denn eine geringere Vielfalt bedeutet ein instabileres System, d.h. durch das Artensterben verschlimmern sich die negativen Auswirkungen des Klimawandels noch weiter. Die Biodiversität ist ein wichtiges Sicherheitsnetz, um die Effekte des Klimawandels bis zu einem gewissen Grad abzufangen.

  • Ausbau erneuerbarer Energien auf 100%
  • Abschaffung umweltschädlicher Subventionen, wie z.B. der Steuerbegünstigung von Diesel und Kerosin
  • Einführung einer CO2-Steuer
  • Aufstockung des Klimafonds auf ein Gesamtbudget von € 200 Mio.
  • Förderung des öffentlichen Verkehrs und Fuhrparkumstellungen auf E-Mobilität
  • Förderung von Gebäudesanierungen und Energieeffizienzmaßnahmen
  • Förderung klimaneutraler Produktion (z. B. von Humus- und Bodenaufbau in der Landwirtschaft)
  • Kostenwahrheit bei landwirtschaftlichen Produkten: stärkere Einpreisung von klimaschädlichen Aspekten, wie z. B. lange Transportwege. Faire Preise für regionale und saisonale Produkte.

Es ist notwendig, die bestehenden Wissenslücken in Bezug auf das Artensterben zu schließen und zielgerichtete und Effektive Maßnahmen ergreifen zu können. Außerdem muss die Bedeutung der biologischen Vielfalt von der Gesellschaft anerkannt und der Schutz der Biodiversität in allen Lebensbereichen verankert werden.

Dies kann u. a. durch folgende Maßnahmen erreicht werden:

  • Langfristiges und systematisches Insekten-Monitoring mit Schwerpunkt auf bestäubungsökologisch relevante Insektengruppen (Tagfalter, Bienen, Schwebfliegen, Bockkäfer…)
  • Verstärkte Forschung zum Wildbienenschutz
  • Regelmäßigere Aktualisierung der Roten Listen
  • Strenge Kontrolle der Auswirkungen von Umweltbelastungen auf die Biodiversität, wie z. B. jene des Pestizideinsatzes. Neue Erkenntnisse aus der Forschung müssen schnellstmöglich in die Risikobewertung von Umweltgiften einfließen.
  • Förderung von Aus- und Weiterbildungen zum Thema Biodiversität
  • Unabhängige Beratung für LandwirtInnen
  • Stärkere Implementierung von Biodiversität in die Lehrpläne der Schulen

Die Zeit drängt. Es ist Zeit, zu handeln!