ICS und ISDS: Keine Sonderrechte für Konzerne!

Es wäre das Ende der Demokratie so wie wir sie bisher kennen: Mit Sonderklagerechten für Konzerne würden die geplanten Freihandelsabkommen TTIP und CETA Unternehmen bisher nie dagewesenen Einfluss auf unsere Gesetzgebung und Rechtsprechung ermöglichen.

Gemeinwohl bleibt auf der Strecke

Es geht um das so genannte ICS (Investment Court System) – ein eigenständiges paralleles Rechtssystem eigens für Konzerne, mit dem diese Staaten verklagen können. Unternehmen könnten klagen, wenn sie eine „indirekte Enteignung“ beziehungsweise entgangene Gewinne aufgrund neuer Gesetze befürchten. Über ISDS können unliebsame Gesetze bereits im Voraus verhindert werden. Weil sie hohe Prozesskosten und Klagerisiken fürchten, könnten Regierungen und Parlamente davor zurückschrecken, bestimmte Gesetze zu erlassen. Jedes Land, das Gesetze schaffen will, wird vorher den „ICS-Check“ durchführen. Regierungen und Parlamente werden vor jedem Bestreben, Umwelt-, KonsumentInnen- und Sozialstandards zu verbessern, prüfen, ob diese einen solchen Prozess überstehen. Und dann Gesetzesvorhaben still begraben. Gewinnen Unternehmen einen Fall, können sie oftmals mit Millionenentschädigungen rechnen. Unternehmerische Risiken von Investitionen würden damit auf alle BürgerInnen abgewälzt, während Gewinne bei den Unternehmen bleiben.

 

ISDS

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ICS statt ISDS? Bloß alter Wein in neuen Schläuchen!

Ursprünglich hatte dieses Sonderklagerechte vier Buchstaben: ISDS (Investor to State Dispute Settlement). Nach den heftigen öffentlichen Protesten an den Handelsabkommen TTIP und CETA präsentierte die EU-Kommission einen „Reformvorschlag“: Diese Schiedsgerichtsklagen sollen nun zwar nicht mehr unter Ausschluss der Öffentlichkeit und mit privaten Anwaltskanzleien als Richtern stattfinden, am Grundproblem hat sich jedoch auch mit ICS nichts geändert: Es würde ein Sonderklagerecht für Konzerne schaffen, eine Paralleljustiz neben dem bestehenden Rechtssystem, mit dem sie Umweltschutz- oder KonsumentInnenschutz-Gesetze aushebeln können, wenn diese ihr Geschäft beeinträchtigen. Inzwischen ist dieser Reformvorschlag seit Februar 2016 nachträglich auch in den CETA-Vertrag eingefügt worden.

Deshalb sagen wir Nein zum Konzernklagerecht

ICS ist fast das gleiche wie ISDS: Konzerne erhalten Sonderrechte und bekommen so entscheidenden Einfluss auf die Gesetze in der Europäischen Union. Deshalb sagen wir Nein zu Konzernklagerecht - zehn Gründe:

1. Mehr Rechte, keine Pflichten für Konzerne

Im Gegensatz zu heimischen Unternehmen können ausländische Investoren mit dem Sonderklagerecht Staaten vor internationalen Schiedsgerichten klagen. Umweltschutz und Rechte der VerbaucherInnen müssen sie dabei nicht beachten.

2. Profitverlust als Klagegrund für Investoren

Konzerne können Staaten verklagen, wenn ihnen durch Umweltschutzmaßnahmen erwartete Profite entgehen und diese Maßnahmen einen "übertriebenen" Effekt auf die Geschäfte der Konzerne haben.

3. Mit ICS werden mehr Konzerne europäische Regierungen verklagen

Ausländische Investoren können nationales Recht umgehen und vor Schiedsgerichten klagen. Derzeit können gerade mal acht Prozent der in der EU agierenden US-Konzerne EU-Staaten mittels ISDS verklagen. Doch bereits jetzt haben ausländische Investoren über ISDS-Verfahren 30 Mrd. Euro Schadensersatz von EU-Mitgliedsstaaten gefordert. Mit TTIP und CETA würden alle US- und kanadischen Firmen derartige Sonderrechte erhalten.

4. Angst vor Klagen kann Gesetze abschwächen

Da auch über das „neue“ Investitionsgerichtssystem Konzerne Staaten auf hohe Summen verklagen können, kann das zum „Regulatory Chill-Effect“ führen: Staaten verzichten aus Angst vor Konzernklagen lieber auf Regulierungen zum Schutz der Umwelt und der VerbraucherInnen.

5. Keine unabhängigen RichterInnen beim ICS

Die „RichterInnen“ des von der EU-Kommission vorgeschlagenen „Investitionsgerichtssystems“ sind keineswegs als unabhängig zu betrachten. Sie müssen nicht amtierend sein. Es gibt kein explizites Verbot für die RichterInnen, neben einem Streitfall gleichzeitig einer Tätigkeit in einem dem Fall verwandten Bereich nachzugehen. Eine Definition, was als „Interessenskonflikt“ gewertet wird, fehlt.

6. ICS ist wie ISDS ein Schiedsverfahren

Das „Investitionsgerichtssystem“ enthält gegenüber dem ursprünglich für TTIP und CETA geplanten ISDS nur kosmetische Änderungen. Die Verhandlungen sollen zwar nicht mehr im Geheimen stattfinden. Doch RichterInnen sind nicht fest angestellt und haben so finanzielle Anreize, für die Investoren zu entscheiden, um weitere Aufträge zu bekommen.

7. Konzernschutz legitimer als Umweltschutz

Auch wenn die EU-Kommission es anders darstellt, ICS ist für einen echten Schutz der Staaten vor Investorenklagen zu schwach formuliert. So heißt es, dass Regierungen „notwendige Maßnahmen“ mit „legitimen“ Zielen verfolgen dürfen. Was „notwendig“ und „legitim“ bedeutet, entscheiden SchiedsrichterInnen in Streitverfahren.

8. Keine Rechte für die Öffentlichkeit

Konzerne können vor einem internationalen Schiedsgericht ihre Rechte einklagen. Menschen, deren Rechte durch Unternehmen verletzt werden, haben dagegen keine Klagerechte.

9. Öffentliche Ablehnung von ISDS wird ignoriert

Im Frühjahr 2014 führte die EU-Kommission eine öffentliche Konsultation zum ISDS-System in TTIP durch. Eine überwältigende Mehrheit von 97 Prozent der Teilnehmenden lehnte das ISDS-System ab. Der Reformvorschlag der EU-Kommission ignoriert diese grundlegenden Bedenken, ICS beinhaltet weiterhin Sonderklagerechte für Konzerne.

10. Es braucht weder ISDS noch ICS in TTIP und CETA

Weder aus ökonomischer noch aus rechtlicher Sicht braucht es zusätzliche Schutzmaßnahmen für Investoren. Sowohl die EU als auch die USA haben gut funktionierende Rechtssysteme. Die USA haben kürzlich ein Handelsabkommen mit Australien ohne irgendeine Form von ISDS abgeschlossen. Es braucht kein paralleles Rechtssystem in TTIP und CETA.

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ICS auf dem Prüfstand