Steigende Gefahr durch alte Atomkraftwerke

Die Kombination von technischer Alterung und Obsoleszenz macht alte Reaktoren zunehmend störanfällig – das macht die vielfach geplante Laufzeitverlängerung von alten AKWs zu einem hochriskanten Unterfangen. Die einzig logische Konsequenz für Alt-Reaktoren ist, diese abzuschalten, bevor es zu spät ist und zu einem Super-GAU kommt!

Atomkraftwerke sind komplexe Hochrisiko-Maschinen mit vielen verschiedenen Werkstoffen und Bauteilen, die unterschiedlich altern und verschleißen. 84 % der Reaktoren in der EU werden bereits länger als 30 Jahre betrieben. Da AKW-Neubauten wirtschaftlich nicht wettbewerbsfähig sind, sollen alte Reaktoren aus finanziellen Gründen über ihre ursprünglich genehmigte Laufzeit hinaus verlängert werden. Jedoch birgt das große Gefahren für Millionen von Menschen.

Einige gut zugängliche Bauteile von alten Reaktoren können durch regelmäßige Prüfung und Instandhaltung technisch unter Kontrolle gebracht werden – so wie bei einem alten Auto. Andere Teile wie der hochradioaktive Reaktordruckbehälter und in Beton eingeschlossene Rohrleitungen sind kaum erreichbar, sodass eine regelmäßige Instandhaltung schwierig und eine Reparatur so gut wie unmöglich ist.

Sprödbruch bei alten AKWs

Während der Kernspaltung von Uran-Atomen im Reaktorkern, werden Neutronen freigesetzt, die auf den Stahl des Reaktordruckbehälter treffen, und ihn über die Jahre immer spröderexternal link, opens in a new tab machen. Darüber hinaus sind Reaktorteile laufend hohen Temperaturen und hohem Druck ausgesetzt. Wenn starke Temperaturunterschiede (zum Beispiel bei einer Notkühlung in Folge einer Schnellabschaltung bei einem schweren Erdbeben) oder mechanische Belastungen auftreten, kann es zum gefürchteten schlagartigen „Sprödbruch“ kommen. Bei einem Sprödbruch reißt der unter hohem Druck stehende Behälter und hochradioaktiver Inhalt wird freigesetzt. Die möglichen Folgen für Österreich im Falle einer Freisetzung von Radioaktivität im AKW Krško können Sie hier nachlesen.

Nach Röntgen-Untersuchungen von mehreren europäischen Reaktorenexternal link, opens in a new tab wird vermutet, dass es schon bei der Fertigung der zentralen Bauteile vor Jahrzehnten zu Fehlern gekommen ist. Da keine Proben von diesen Bauteilen genommen werden können, ist der tatsächliche Zustand des Reaktor-Stahls nur abschätzbar – die EU-Atomaufsicht ist im Blindflug auf Basis von Annahmen.

Ersatzteile nicht mehr verfügbar

Zusätzlich sind Ersatzteile alter Reaktoren nicht mehr verfügbar – einige der Reaktoren, die heute an die Altersgrenze von 40 Jahren kommen, wurden noch in Sowjet-Zeiten entworfen. Die Lieferketten existieren nicht mehr, Ersatzteile sind schwierig bis unmöglich nachzufertigen, und wenn, dann zu enormen Kosten.

Zur Zeit des Baus der Reaktoren aus den 1970er- und 1980er-Jahren galten außerdem niedrige Sicherheitsstandards, die, durch die Lehren aus den Atom-Katastrophen von Tschernobyl und Fukushima, nach oben korrigiert werden mussten. Diese Sicherheitsstandards konnten aber in den bereits laufenden AKWs nur teilweise nachgerüstet werden – zentrale Komponenten sind schwer bis gar nicht verfügbar. Sehr viele der derzeit laufenden Reaktoren würden heute keine Baugenehmigung bekommen. Das Risiko wäre nach heutigen Standards zu hoch.

Beispiel AKW Krsko

Die Alterung des Krško-Reaktors ist nach fast 40 Jahren Betriebszeit fortgeschritten. Ein Team von internationalen Atom-ExpertInnen untersuchte für die EU-Atom-Regulierungsbehörde ENSREGexternal link, opens in a new tab das AKW und kritisierte in einem Report aus dem Jahr 2018external link, opens in a new tab: „Das Alterungs-Management-Programm des Reaktors wird nicht laufend an aktuelle Standards angepasst. Die Überwachung der Alterung des Kernstücks, des Reaktordruckbehälters, ist schlechter als die EU-Atomaufsicht für Europa erwarten.“ Das Team kritisierte auch, dass im Grundmaterial des Reaktordruckbehälters keine umfassende zerstörungsfreie Prüfung durchgeführt wird, um rechtzeitig Defekte zu erkennen. Ergänzend dazu wird die Überwachung der in Beton eingegossenen Rohrleitungen bemängelt. Die Inspektion sicherheitsrelevanter Rohrdurchführungen durch Betonkonstruktionen wird im Alterungs-Management-Programm nicht routinemäßig durchgeführt.