Zielscheibe Zivilgesellschaft: Wie rechte Parteien die Demokratie schwächen wollen

Die europäische Rechte versucht durch substanzlose Vorwürfe zivilgesellschaftliches Engagement zu diskreditieren. Wie das passieren konnte, welche Rolle Medien spielen und warum diese Entwicklung eine Gefahr für uns alle darstellt.

NGOs. Nichtregierungsorganisationen. Im Kern sind hier alle Organisationsformen gemeint, die unabhängig von staatlichen Strukturen agieren. Sie verfolgen (oft) gemeinsame Interessen, sind gemeinwohlorientiert und streben keinen finanziellen Profit oder kommerzielle Interessen an. Sie springen dort, wo der Staat oder Einzelne Herausforderungen nicht bewältigen können, ein: Pflege älterer oder kranker Menschen, Feuerwehren, Rettungs- und Katastropheneinsätze, Betreuung von Kindern in Not, Schutz von Natur und Umwelt, Durchsetzung von Menschenrechten und vieles mehr.

Die organisierte Zivilgesellschaft fungiert neben den Medien auch als “Watchdog” der Politik. Und sie ist auch ein wirtschaftlicher Faktor: 13 Milliarden Euro trägt der gemeinnützige und zivilgesellschaftliche Sektor zur österreichischen Wertschöpfung bei und stellt knapp 300.000 Arbeitsplätze.

 

Alexandra Strickner

Eine kritische Öffentlichkeit und eine vielfältige Zivilgesellschaft mit Bürger:innen, die sich für das Gemeinwohl engagieren, ist rechten, autoritär gesinnten Gruppen und Parteien ein Dorn im Auge

Alexandra Strickner

Klingt nach einer guten Sache. Ist es auch. Zumindest für einen Großteil der Bevölkerung. Eine kleine Gruppe jedoch hat es sich offensichtlich zur Aufgabe gemacht, das zu ändern.

Warum? „Eine kritische Öffentlichkeit und eine vielfältige Zivilgesellschaft mit Bürger:innen, die sich für das Gemeinwohl engagieren, ist rechten, autoritär gesinnten Gruppen und Parteien ein Dorn im Auge“, erklärt Alexandra Strickner, politische Geschäftsführerin von GLOBAL 2000. Rechte Kräfte setzen daher Schritte, um kritische Stimmen zu schwächen und demokratische Mitgestaltung zurückzudrängen. Diese Angriffe laufen immer nach einem ähnlichen Schema ab: Mit kleinen Schritten versuchen sie die Bevölkerung zu verunsichern. Abwertende Rhetorik steht am Anfang, dann folgen Diffamierungen. Wenn möglich, greifen sie die Finanzierung von NGOs an und am Ende geht es darum gesellschaftliche Grundrechte einzuschränken. Die Klaviatur ist stets dieselbe. Unsere Nachbar:innen in Ungarn sind schon jetzt damit konfrontiert.

3,8 Mio.

Menschen in Österreich

engagieren sich ehrenamtlich

50

%

der Bevölkerung ab 15 Jahren engagieren sich ehrenamtlich

Kein Anlassfall 

Den “Startschuss” zur jüngsten, konzertierten Kampagne der europäischen Rechten gab dabei ein Bericht des EU-Rechnungshofes. Demnach wäre die Finanzierung von NGOs durchaus transparent. Die Plattform, über welche die Finanzierungen eingesehen werden können, bedürfe jedoch einer Überarbeitung. Es sei schlicht zu kompliziert, die gewünschten Ergebnisse zu bekommen. Wie reagieren rechte Kräfte? Sie werfen medienwirksam mit Begriffen wie Intransparenz, “Steuergelder versickern” und “böses NGO-Business” um sich. 

In Deutschland sorgte etwa im Juni 2025 ein Bericht der „Welt“ für Aufsehen, welcher der EU-Kommission vorwirft, Umwelt-NGOs für klimapolitisches Lobbying finanziert zu haben. Damit soll erreicht werden, dass der politische Einsatz für gemeinwohlorientierte Ziele in ein schlechtes Licht gerückt wird.in zentraler Kritikpunkt ist die Finanzierung über das Life-Programm. Tatsächlich werden mit diesen Mitteln evidenzbasierte Vorschläge seitens der Zivilgesellschaft ausgearbeitet, der Stimme von Bürger:innen Gehör verschafft und somit erreicht, dass in politischen Entscheidungsprozessen nicht nur die Meinung von gewinnorientierten Konzernen und deren Interessensvertretungen vorhanden ist. Diese Meinungsvielfalt zu fördern ist ein ausdrückliches Ziel der EU-Kommission.

Anfragen, Anfragen und noch mehr Anfragen

In Österreich geht die FPÖ sogar noch einen Schritt weiter. Einer Februar-Anfrage zu parteipolitisch motiviertem Handeln folgte im April eine Anfrage zu staatlicher Förderung für diverse, als Vereine organisierte, NGOs. 

Im Juni setzte man kurz vor der Sommerpause noch einen drauf und wollte von allen Bundesministerien wissen: “Wie viel Steuergeldmillionen verschlingt das NGO-Business in Österreich?” Die Anfrage umfasste nicht weniger als 2.175 Einzelanfragen über 228 Seiten zu 725 Organisationen.  FPÖ-nahe Organisationen und Vereine findet man in dieser Auflistung nicht. Auch, dass exakt eine Woche nach der offiziellen Frist für die Beantwortung der Anfragen das Informationsfreiheitsgesetz in Kraft tritt. Dann muss nämlich jede staatliche Förderung über 1.500 Euro öffentlich gemacht werden, automatisch, nicht erst auf Anfrage. Indes stehen NGOs und der gesamte gemeinnützige Sektor unter Generalverdacht. Der europäischen Rechten fehlt jeglicher Respekt und Wertschätzung vor den gesellschaftlichen Leistungen, die von vielen tausend Vereinen und Organisationen sowie Millionen Ehrenamtlichen in ganz Österreich erbracht werden. 

Ihr Ziel ist klar: Steter Tropfen höhlt den Stein - Die Lebendigkeit der Zivilgesellschaft zu untergraben, um im Sinne einer fortschreitenden Orbanisierung autokratische Strukturen sukzessive auszubauen.

Transparenz

GLOBAL 2000 ist zu knapp 80% spendenfinanziert und demokratischen Grundsätzen verpflichtet. Unsere öffentlich geförderte Projekte machen wir auf unserer Website sichtbar. Die Kontrolle und Transparenz bei EU-Förderungen sind dabei besonders streng, von der Antragstellung bis zur Abrechnung. Geförderte Organisationen müssen regelmäßige Zwischen- und Endberichte einreichen. Die Ausgaben müssen belegt und prüfbar sein und bei Unregelmäßigkeiten drohen Rückforderungen. Die ​Fördermittelvergabe ist im Finanztransparenz-System der EU schon seit 2007 für alle einsehbar.

Bundesförderungen in Österreich werden über die verschiedenen Ministerien vergeben. Die Förderungen sind meist projektbezogen und an konkrete Ziele und Leistungen gebunden. NGOs können auch ergänzende Fördermittel von Bundesländern und Gemeinden, insbesondere für regionale Kultur-, Sozial- und Bildungsarbeit, erhalten. Die Vorlage von Konzepten, Kostenplänen und Zielbeschreibungen ist vorgeschrieben. Außerdem müssen Nachweise durch Zwischen- und Endberichte oder Evaluierungen der Projekte erbracht werden. Bei spendenfinzanzierten Organisationen bestätigt das „Österreichische Spendengütesiegel“ den verantwortungsvollen und transparenten Umgang mit Spenden.

GLOBAL 2000 setzt sich für eine lebendige Demokratie ein

Mitarbeiter und Mitarbeiterin von GLOBAL 2000 halten Banner mit Wir sagen Danke

GLOBAL 2000 / Alexander Hofbauer

"Deshalb setzen wir uns GLOBAL 2000 entschieden und gemeinsam mit vielen anderen NGOs - u.a. im Österreichischen Netzwerk Zivilgesellschaft www.oenz.atexternal link, opens in a new tab - gegen diese Angriffe auf die Zivilgesellschaft und die Schwächung der kritischen Stimmen ein. Denn NGOs, Vereine und Ehrenamtliche sind das Rückgrat unserer Gesellschaft und ein zentraler Eckpfeiler für ein gutes Zusammenleben und eine gute Zukunft in Österreich,“ betont Alexandra Strickner, politische Geschäftsführerin von GLOBAL 2000.

Umweltschutz braucht Menschen, die sich engagieren und für das Gemeinwohl einbringen. Es braucht dafür eine Vielfalt an Vereinen, Initiativen und Organisationen, die die Vielfalt unserer demokratischen Gesellschaft abbilden und es braucht kritische Meinungsvielfalt. Alle Versuche, diese Grundlagen unseres Zusammenlebens in Österreich zu schwächen, treten wir entschieden entgegen.

Danke für Ihr Vertrauen & Ihre Unterstützung!