08.06.2017

Was wäre, wenn wir uns anders ernähren würden?

Was wäre, wenn wir nur noch drei Portionen Fleisch in der Woche essen würden? Was wäre, wenn die gesamten Lebensmittelabfälle an Schweine verfüttert werden würden?

Die Ernährung von uns ÖsterreicherInnen ist sehr fleischlastig, im Durchschnitt landen pro Jahr rund 65 kg auf unseren Tellern. Unsere Ernährungsgewohnheiten weichen dabei deutlich von einer gesunden, und vor allem nachhaltigen Ernährung ab. Laut Empfehlungen der Österreichischen Gesellschaft für Ernährung sollten pro Woche maximal drei Portionen Fleisch gegessen werden – bei einer gänzlichen Ausschöpfung würden wir damit immer noch bei 23 kg Fleisch pro Kopf und Jahr landen.

Was wäre, wenn wir uns anders ernähren würden?

Was bedeutet Fleischkonsum für unsere Umwelt?

Die Menschheit hält sich pro Jahr rund 28 Milliarden Nutztiere. Auf jeden Erdenbürger entfallen daher vier Nutztiere. Diese Tiere müssen gefüttert werden, wofür jährlich rund 7 Millionen Tonnen Kraftfutter in Österreich benötigt werden. Ein Großteil davon ist importiertes Soja aus Übersee, für das großflächig Regenwaldgebiete gerodet werden. Doch der enorme Hunger unserer Nutztiere verschlingt auch große Flächen in unseren Breitengraden - so werden mehr als die Hälfte der bedeutendsten Nutzpflanzen (Mais und Weizen) in der EU an Tiere verfüttert und nicht als Nahrung genutzt. Ernährung ist deshalb nicht nur die Privatsache jedes und jeder Einzelnen, denn sie wirkt sich unmittelbar auf die Umwelt und das Leben anderer Menschen in allen Ländern aus. Unsere derzeitige Ernährungsweise würde es aufgrund des hohen Fleischkonsums nicht zulassen, unsere Nahrung mit heimischen Flächen zu erwirtschaften. Wir verbrauchen weit mehr Ackerland (154 %), als wir in Österreich zur Verfügung haben. So nimmt die Fleischproduktion zwei Drittel, die Produktion aller tierischen Lebensmittel rund 88 % des gesamten Flächenverbrauchs unserer Ernährung ein. Bei einer Anpassung unserer Ernährungsweise an eine gesunde und nachhaltige Ernährung könnten unsere verfügbaren Flächen reichen, um in Österreich eine theoretische Ernährungssouveränität zu erreichen. Eine fleischreduzierte Ernährung würde dabei auch große Mengen an Treibhausgasemissionen sparen. Eine fleischreduzierte Ernährung würde nach derzeitigem Gewohnheiten für ganz Österreich eine Reduktion von rund 5,2 Millionen Tonnen CO2 bedeuten.

Was wäre, wenn...

...wir die in Österreich anfallenden Speisereste in der Fütterung österreichischer Schweine einsetzen würden?

Als Folge des Ausbruchs der Maul- und Klauenseuche im Jahr 2001 wurde für die gesamte EU die Verfütterung von Speiseresten an Schweine verboten. Dadurch erhöhte sich der Bedarf an Kraftfutter dramatisch – vor allem der Import von Soja. Was wäre, wenn wir die in Österreich anfallenden Speisereste für die Fütterung österreichischer Schweine verwenden würden? Geht man von einer Gesamtmenge von 1.455.000 Tonnen Lebensmittelabfälle pro Jahr aus, sowie von der Annahme, dass davon rund 39 % zur Fütterung eingesetzt werden können, könnte man jährlich rund 9 kg Schweinefleisch pro Kopf erzeugen. Die Haltung von Schweinen sollte aus Gründen des Tierwohls im Freiland erfolgen, wofür insgesamt 41.591 ha Grünland nötig wären. Eine solch ökologische und artgerechte Fütterung und Haltung würde im Vergleich zum Status Quo 556.000 ha Ackerland einsparen, aber gleichzeitig eine Reduktion des Schweinefleischkonsums von 39,1 auf 9,3 kg (-76 %) bedeuten.

...wenn wir wieder zurück zur Züchtung einer Zweinutzungsrasse im Geflügelbereich kommen?

In Österreich werden pro Jahr rund 9 Millionen Küken gleich nach dem Schlüpfen getötet, nur weil sie männlich sind. Männchen von Legehennenhybriden sind nicht auf Fleischproduktion ausgerichtet und somit für eine Aufzucht unwirtschaftlich. Mit einer flächendeckenden Umstellung auf eine (alte) Zweinutzungsrasse wie z.B. dem „Altsteirer“ könnten die männlichen Küken weiterleben. Laut Empfehlungen der ÖGE sollten wir rund 154 Eier pro Kopf und Jahr verzehren. Bei einer Legeleistung von rund 180 Eiern pro Jahr wäre pro ÖsterreicherIn somit weniger als eine Legehenne notwendig. Als Folge würden wir in gleichem Ausmaß Hähne aufziehen, die in Summe 450 g Geflügelfleisch pro Kopf und Jahr ergeben würden. Bei einem Auslauf von 10 m² pro Tier wäre eine Weidefläche von 18.100 ha nötig. Eine solch ökologische und artgerechte Fütterung und Haltung würde im Vergleich zum Status Quo 233.500 ha Ackerland einsparen, aber gleichzeitig eine Reduktion des Geflügelfleischkonsums von 12,7 kg auf 0,45 kg (-96 %) bedeuten.

...wenn wir nur so viel Rindfleisch essen, wie in Österreich ökologisch produziert werden kann?

Rinder sind maßgeblich daran beteiligt, die schönen Almlandschaften Österreichs vor Überwaldung zu schützen und zu erhalten. In Österreich gab es im Jahr 2015 rund 330.000 ha Almfläche, auf der rund 99.000 Rinder gehalten werden könnten. Bei einer 50/50 Aufteilung zwischen männlichen und weiblichen Rindern könnten dadurch jährlich rund 1,1 kg Rindfleisch und 33 kg Milch pro Person auf unseren Almen erzeugt werden. Nach Abzug der Grünlandflächen für Schweine und Geflügel wären noch rund 933.960 Hektar Grünland in Österreich verfügbar, auf denen weitere 5,3 kg Rindfleisch und 85 kg Milch pro Kopf erzeugt werden könnten. Eine solch ökologische und artgerechte Fütterung und Haltung würde im Vergleich zum Status Quo 494.000 ha Ackerland einsparen, aber gleichzeitig eine Reduktion des Rindfleischkonsums von 11,6 kg auf 6,4 kg (-41 %) bedeuten sowie eine Reduktion des Milchkonsums von 257 kg auf 118 kg (-51 %).

Der gesamte Fleischkonsum dürfte in Folge jährlich nicht mehr als rund 16 kg pro Kopf (statt 65 kg) betragen, also rund zwei Portionen Fleisch die Woche.

In Summe müssen wir zum Schutz der Umwelt unseren Fleischkonsum drastisch reduzieren. Durch all diese Maßnahmen könnten 1,28 Million Hektar Ackerland freiwerden, also sogar mehr Ackerland, als in Österreich verfügbar ist (1,10 Million Hektar).

 

Grafik: Wie viel CO2 erzeugt unsere Essen?

GLOBAL 2000

...wenn wir uns vegetarisch oder vegan ernähren würden?

Eine Ernährung gänzlich ohne Fleisch bzw. ohne Fleisch und tierische Produkte ist für Umwelt und Gesundheit noch besser als eine lediglich fleischreduzierte. Eine solche Ernährung würde sowohl das Klima als auch den Verbrauch landwirtschaftlicher Flächen signifikant schonen und leistet somit einen großen Beitrag für unsere Umwelt.

Vegetarische Ernährung verbraucht im Vergleich zur jetzigen durchschnittlichen Ernährung (3.321 m²) nur 603 m² pro Kopf und Jahr (-82 %), vegane Ernährung sogar nur 455 m² (-86 %). Eine empfohlene vegetarische Ernährung führt zu Treibhausgasemissionen von 244 kg CO2eq pro Kopf, eine vegane Ernährung zu 233 kg CO2eq pro Kopf und Jahr – jeweils rund 83 % weniger Treibhausgasemissionen im Vergleich zur jetzigen durchschnittlichen Ernährung. Würden alle Österreicherinnen und Österreicher vegetarisch bzw. vegan leben, so hätten wir statt 12,5 Millionen Tonnen CO2 nur mehr rund 2 Millionen Tonnen CO2 für unsere Ernährung zu verbuchen, ein Minus von 10,5 Millionen Tonnen bzw. satten 84 Prozent.

Was kann die Politik für nachhaltige Ernährung tun?

  • Bewusstseinsbildung bei KonsumentInnen für die Vorteile einer fleischreduzierten bzw. vegetarischen/veganen Ernährung
  • Anreize für Stickstoffreduktion in der Landwirtschaft schaffen
  • Teilweise Streichung von Umsatzsteuermaßnahmen für Fleisch und Fleischnebenprodukte
  • Etablierung eines österreichweiten Umsetzungsplans zur Halbierung der Lebensmittelabfälle bis 2030 entsprechend den EU-Zielsetzungen

Die GLOBAL 2000 „Was wäre wenn...?“-Studien waren Teil des ORF-Themenschwerpunkts MUTTER ERDE 2017 und sind im Auftrag von MUTTER ERDE entstanden. MUTTER ERDE widmet sich 2017 dem Thema Klima, um konkrete Veränderungen in Richtung einer klimafreundlichen Zukunft voranzutreiben.