05.10.2018

UVP-Gesetz-Abänderungsantrag: Offenlegung der BürgerInnen-Daten ist rechtswidrig

Künftig sollen Umweltschutzorganisationen mit unter 100 Mitglieder kein Mitspracherecht bei Umweltverträglichkeitsprüfungen mehr haben.

Am 4. Oktober wurde der kurzfristig eingebrachte Abänderungsantrag für das Umweltverträglichkeitsprüfungs-Gesetz (UVP-G) im Umweltausschuss des Nationalrats mit Mehrheit der Regierungsparteien angenommen.

Was steht im Abänderungsantrag?

In letzter Minute brachte die Türkis-Blaue Regierung einen Abänderungsantrag für UVP-Verfahren ein. Es sollen sich zukünftig nur noch Vereine mit mehr als hundert Mitgliedern an UVP-Verfahren beteiligen können. Die absurde Krönung des Antrags: Sogar Namen und Adressen der Mitglieder müssen dem Umweltministerium gemeldet werden.

Eine solche Regelung wäre in zweifacher Hinsicht verfassungsrechtlich bedenklich:

  • Einerseits ist es mehr als fragwürdig, die Kompetenz eines Vereines alleine auf die Anzahl seiner Mitglieder zu reduzieren. Vor allem da NGOs über keine Mitglieder, sondern SpenderInnen verfügen, würde das bedeuten, das derartige Vereinigungen grundsätzlich nicht anerkannt werden.
  • Andererseits ist die geplante Offenlegung der Namen und Adressen aller Mitglieder nach dem Datenschutzgesetz klar rechtswidrig.

Unser Fazit

Der Antrag versucht, die Errungenschaften der österreichischen Umweltpolitik seit der Auseinandersetzung von Hainburg in unsäglicher Weise einzuschränken. Durch die willkürlich erhöhte Latte von mindestens 100 Mitgliedern werden viele der derzeit 57 österreichischen Umweltschutzorganisationen mit Parteienstellung von UVP-Verfahren ausgeschlossen. Diese Offenlegung von Mitglieder-Namen und -Adressen ist offenkundig rechtswidrig. Es liegt aber nahe, dahinter einen unverhohlenen Versuch der Einschüchterung der Zivilgesellschaft zu sehen. Noch leben wir in einem demokratischen Rechtsstaat, in dem das Recht auf Bürgerbeteiligung klar verankert ist – wenn aber die sensiblen Daten von Mitgliedern an das Wirtschaftsministerium übermittelt werden müssen, ist das der klare Versuch, Engagement unter Generalverdacht zu stellen. Viele langjährige KämpferInnen für Umwelt- und Tierschutz und gegen Partikularinteressen von Unternehmen sind hier vollkommen unverhältnismäßig in ihren Grundrechten betroffen.

Verfahrensbeschleunigung durch Kompetenz

Derzeitig dauern UVP-Verfahren bis zum Entscheid der Behörde im Durchschnitt ab Vorliegen der vollständigen Unterlagen sieben Monate. Dass Verfahren länger dauern, liegt sehr häufig an mangelhaften Unterlagen der Projektwerber, oder - wie im Fall der auch für die Energiewende besonders kritischen Genehmigung der Hochspannungstrasse im Raum Salzburg („Salzburgleitung“) - schlicht an der Überlastung der Behörden.

Anstatt fortwährend Angriffe auf die kompetenten und konstruktiven Kräfte der Zivilgesellschaft zu starten – sollte die Regierung eher die Kompetenz der Antragsteller und Behörden stärken. Wir fordern Bundesministerin Köstinger auf, zu dem rechtswidrigen Abänderungsantrag Stellung zu beziehen und dafür zu sorgen, dass er umgehend zurückgezogen wird.