08.06.2021

AWG-Novelle nachSCHÄRFEN!

Gelingt mit der AWG-Novelle die Renaissance der Mehrweg-Flasche? GLOBAL 2000 hat sich den Gesetzesentwurf genauer angesehen und bei der Erhöhung der Mehrweg-Quote sowie den angekündigten Pilot-Projekten für Pfandsysteme Nachschärfungen angestellt.

Cover Analyse AWG-Novelle

GLOBAL 2000

Derzeit ist die Abfallwirtschaftsgesetz-Novelle in Begutachtungexternal link, opens in a new tab. Die Frist endet am 9. Juni 2021. Bis dahin können Stellungnahmen zum Gesetz eingebracht werden. Wir von GLOBAL 2000 haben die dringlichsten Fehlerquellen aufgedeckt und fordern Nachschärfungen des jetzigen Entwurfs. Denn es gibt bereits erprobte und gut funktionierende Systeme und eine Menge Know-How für Einweg-Pfand und Mehrweg-Systeme.

Das umfassende Analyse-Papier haben wir Ihnen hier zum Download bereitgestellt:

 

Die Hintergründe zur AWG-Novelle

Unser Ressourcenverbrauch und die Plastikmüllberge wachsen stetig weiter und damit auch die negativen Auswirkungen für die Umwelt. Deshalb ist es an der Zeit, verschwenderische Produktions- und Konsum-Muster zu beenden.

Die EU hat sich daher zum Ziel gesetzt, alle Länder in Richtung Ressourcenschonung zu begleiten und Richtlinien gesetzt. Mit der Abfallwirtschaftsgesetz-Novelle (kurz AWG-Novelle) soll in Österreich das EU-Kreislaufwirtschaftspaket und die EU-Einwegkunststoff-Richtlinie (SUP-Richtlinie) umgesetzt werden. Ziel ist es eine stärker kreislauforientierte Wirtschaft zu forciert und das Plastikmüllaufkommen zu reduzieren.

Im September letzten Jahres ließ Umweltministerin Gewessler mit dem 3-Punkte-Plan gegen die Plastikflut aufhorchen. Die drei vorgestellten Punkte waren:

  • verbindliche Mehrweg-Quoten
  • Einweg-Pfand
  • Herstellerabgabe für Plastikverpackungen

Der massive Gegenwind mächtiger Institutionen, wie zum Beispiel von der Wirtschaftskammer Österreich, scheint jedoch dazu geführt zu haben, dass vom ursprünglich angekündigten 3-Punkte-Plan kaum etwas übrig geblieben ist und ein lückenhafter AWG-Entwurf zur Begutachtung vorgelegt wurde. Das ist sehr schade, denn es gibt gute und erprobte Lösungen in Hülle und Fülle.

Fehlerquellen und Nachschärfungen im Überblick

Pfandsystem als Pilotprojekt

Im Entwurf für die AWG-Novelle ist eine Einweg-Pfand-Regelung nicht enthalten. Es ist stattdessen von Pfand-Pilotprojekten die Rede – allerdings gibt es nichts, das noch erforscht werden müsste.

Pfand-Pilotprojekte wurden in verschiedenen Ländern bereits umgesetzt. Eines haben sie alle gemeinsam: Sie waren teuer, umständlich und haben kaum neue Erkenntnisse gebracht. Das Pfand-Pilotprojekt in Portugal (2019-2021) ist ein gutes Beispiel für eine Kostenfalle. Es wurden 23 Rückgabeautomaten für PET-Flaschen in großen Einzelhandelsgeschäften aufgestellt. Zu den Hauptzielen zählten: die Erhebung von Informationen über logistische Probleme, die bei der späteren Implementierung des echten Pfandsystems genutzt werden konnten, das Testen des KonsumentInnenverhaltens und das Sammeln von mehr Plastikflaschen. Die KonsumentInnen erhielten bei der Rückgabe einer PET-Flasche, je nach Größe, eine Entschädigung (0,2 oder 0,5 Cent). Später erhielten die KonsumentInnen keine Entschädigung mehr. Sie konnten stattdessen an eine Organisation spenden. Da sehr viele Menschen gewillt sind, ihr Leergut zurückzugeben, bietet die Regierung nun aufgrund von Sparmaßnahmen keine Gegenleistung mehr an. Die ständigen Neuerungen stoßen bei den KonsumentInnen auf Frust und mindern die Lust daran, ihr Leergut in den Supermärkten zurückzugeben. Der einzige offensichtliche Nutzen war der Test der logistischen Aspekte. In Summe wurden für das Pilotprojekt 1,6 Millionen Euro ausgegeben – davon gingen 662.601 Euro direkt an die KonsumentInnen oder soziale Einrichtungen. Die Finanzierung fand über Umweltfonds statt.

Statt Zeit und Geld zu verschwenden, sollte jetzt von Pilotprojekten abgesehen werden, und die politische Entscheidungen für Pfand fallen. Die EU-Einwegkunststoffrichtlinie sieht vor, dass bis 2025 77 % und bis 2029 90 % der Plastikflaschen getrennt gesammelt werden sollen. Zehn europäische Länder (Schweden, Island, Finnland, Norwegen, Dänemark, Deutschland, Estland, Niederlande, Kroatien, Litauen) zeigen mit einer hohen Erfassungsquote im Durchschnitt von 90 %, dass Pfandsysteme einwandfrei funktionieren.

Aktion vor dem BKA - AWG-Novelle nachschärfen - Aktive mit Banner

GLOBAL 2000 / Christopher Glanzl

Mehrweg-Quote

Noch vor gar nicht allzu langer Zeit (zu Beginn der 90er) hatten wir in Österreich 80 % Mehrweg-Anteil. Derzeit liegt der Mehrweg-Anteil nur mehr bei rund 19 %. In der AWG-Novelle ist ab dem Jahr 2024 eine Erhöhung des Mehrweg-Angebots in allen Supermarkt-Filialen (ab 400 m2 Verkaufsfläche) angedacht. Die Quote sollte an der verkauften Menge gemessen werden, damit gewährleistet wird, dass die Supermärkte die Mehrweg-Flaschen gleichermaßen platzieren, bewerben und bepreisen wie Einweg-Flaschen. Im Sinne der Planungs- und Investitionssicherheit braucht es – so wie ursprünglich im 3-Punkte-Plan vorgesehen – eine langfristige und stufenweise Erhöhung der Mehrwegquote im AWG auf mindestens 50 % bis 2030, um für eine wirkliche Trendwende zu sorgen.

Eine gemeinsame Umsetzung von Einweg-Pfand und Mehrweg-Quoten ist nicht nur am sinnvollsten, um Ressourcen zu schonen und den Müll in der Natur zu reduzieren, sondern macht auch wirtschaftlich mehr Sinn. Damit wir in zehn Jahren zufrieden und mit gutem Gewissen auf diese Entscheidungen zurückblicken können, sollten jetzt die Weichen für eine saubere, lebenswerte und gesunde Zukunft geschaffen werden. Deshalb muss die AWG-Novelle umfassend nachgeschärft werden.