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Arzneimittel für die Fische
Wie belastet unser Wasser mit Pestiziden ist, haben wir uns vor einiger Zeit schon gefragt. Die Ergebnisse waren beunruhigend, wenig überraschend ist daher auch der Anteil an Arzneimittelrückständen in Österreichs Flüssen.
Medikamente, Süßstoffe und Phthalate
Im Zuge unserer Pestizid-Untersuchungen von österreichischen Flüssen, haben wir uns auch angeschaut, in welchem Ausmaß die eingeleiteten kommunalen Abwässer aus Haushalten und Industrie Spuren im Wasserkreislauf hinterlassen. Wasserproben der neun größten österreichischen Flüsse wurden am Umweltbundesamt Wien auf ausgewählte Arzneimittel, künstliche Süßstoffe, Korrosionsschutzmittel und PVC-Weichmacher untersucht. Das Ergebnis ist ernüchternd: in allen Proben fanden wir auch Spuren dieser Chemikalien.
Bei den Untersuchungen konzentrierten wir uns auf vier häufig verschriebene Medikamente und deren Inhaltsstoffe. In nahezu allen Flüssen wurden die Antiepileptika Carbamazepin und CBZ-DiOH sowie die Betablocker Sotalol und Metoprolol, die beispielsweise bei Herzrythmusstörungen eingesetzt werden, gefunden.
Des Weiteren wurden Rückstände der künstlichen Süßstoffe Acesulfam und Sucralose sowie der Korrosionsschutzmittel 1H-Benzotriazol und Tolytriazole in fast allen getesteten Flüssen nachgewiesen.
Außerdem fanden wir hormonell wirksame Phthalate in fünf der beprobten Flüsse. Phthalate finden als PVC-Weichmacher, aber auch in Kosmetika Einsatz und werden mit der Zweigeschlechtlichkeit von Fischen in Verbindung gebracht.
Zwar sind die gefundenen Mengen für den Menschen ungefährlich, jedoch belasten sie unser empfindliches Ökosystem. Was das für die heimischen Fischarten und anderen Wasserorganismen bedeutet, ist noch wenig erforscht. Doch der Substanzencocktail, der in unseren Gewässern zu finden ist, wird von Fischereiverbänden mit fatalen Fischkrankheiten in Zusammenhang gebracht. Bislang wird angenommen, dass beispielsweise Estrogene aus der Humanmedizin Forellen verweiblichen und andere Substanzen, wie zum Beispiel das Schmerzmittel Diclofenac, zu bisher unbekannten Nierenschäden bei Fischen führen können und den Paarungsakt von Muscheln stören können.
Wie gelangen die Substanzen ins Gewässer?
Über 100 unterschiedliche Arzneistoffe wurden weltweit bereits in Flüssen und Seen gefunden. Diese gelangen hauptsächlich über das Abwasser aus privaten Haushalten und Industrie in unsere Gewässer. Viele Medikamente und andere Chemikalien bauen sich im menschlichen Körper nicht ab, sondern werden mit dem Urin ausgeschieden und über die Toiletten zu Kläranlagen transportiert. Doch auch dort können die Substanzen nicht gänzlich gefiltert werden und landen so in den heimischen Gewässern.
Dies bestätigen auch unsere Proben an der burgenländischen Wulka. Einmal am Ursprungsort, in Wulkapodersdorf vor sowie nach der Kläranlage und an der Mündung in den Neusiedler-See. Wie die nachfolgende Grafik zeigt, sind die Ergebnisse eindeutig: Die Kläranlage filtert Arzneimittelstoffe nicht ausreichend aus dem Abwasser, selbst im Neusiedlersee, in den die Wulka mündet, wurden noch niedrige Konzentrationen der Substanzen gefunden.