10.11.2023

Kohlenstoffbomben entschärfen: Mit dem Lieferkettengesetz Konzerne in die Verantwortung bringen

Europäische Konzerne sind weltweit für sogenannte Kohlenstoffbomben (engl. “carbon bombs”) verantwortlich, die die Klimakrise massiv verschärfen. Wie können diese Kohlenstoffbomben entschärft werden? Ein neuer Report zeigt, wie das EU-Lieferkettengesetz, das momentan auf EU-Ebene verhandelt wird, dabei helfen kann.

Defusing Carbon Bombs

friends of the earth europe

Der neue Report von Friends of the Earth Europeexternal link, opens in a new tab und CAN Europeexternal link, opens in a new tab untersucht, welche europäischen Konzerne an Projekten beteiligt sind, die weltweit Umwelt- und Klimakatastrophen auslösen. Mit dem EU-Lieferkettengesetz könnte solchen Projekten ein Ende gesetzt werden - wenn Mitgliedstaaten und EU-Kommission Klimaverpflichtungen nicht länger blockieren. 

Investitionen in fossile Brennstoff-Industrie noch zeitgemäß?

Die Klimakrise ist eines der drängendsten Probleme, mit denen die Menschheit derzeit konfrontiert ist. Die Welt hat bereits mit den verheerenden Auswirkungen der globalen Erwärmung zu kämpfen: extreme Wetterereignisse, steigende Meeresspiegel und die Vertreibung von Millionen von Menschen aus ihren Häusern. Das Pariser Abkommen verpflichtet die Staaten, ihre Emissionen zu reduzieren und über ihre Fortschritte zu berichten und sie zu überwachen. 

Konzerne für den Großteil der Emissionen verantwortlich

Allerdings erstreckt sich das Pariser Abkommen und andere internationale Umwelt- und Klimakonventionen derzeit nicht auf Unternehmen und nichtstaatliche Einrichtungen. Dabei sind vor allem große Konzerne für den Großteil der Emissionen eines Landes verantwortlich. Die Verantwortung der fossilen Brennstoff-Industrie und die der unterstützenden Finanzinstitutionen ist enorm: Nur 100 Unternehmen trugen zwischen 1998 und 2015 zu 71 % der weltweiten Treibhausgasemissionenexternal link, opens in a new tab bei.

Die sogenannten Kohlenstoffbomben-Projekte

Der Bericht befasst sich mit den gravierendsten Beispielen für die Gewinnung fossiler Brennstoffe: die sogenannten Kohlenstoffbomben-Projekte. Diese fossilen Großprojekte haben das Potenzial, bei ihrer Verbrennung jeweils mehr als eine Gigatonne Kohlendioxid, kurz GtCO2, freizusetzen. In einem von Fachleuten begutachteten Forschungsartikel aus dem Jahr 2020external link, opens in a new tab wurden weltweit 425 Öl-, Gas- und Kohlebomben-Projekte identifiziert. Zusammen setzen sie potenziell 1.182,3 GtCO2-Emissionen frei. 

Zur Verdeutlichung: 

Der IPCC Berichtexternal link, opens in a new tab zeigt auf, dass das verbleibende Kohlenstoffbudget für eine 50 % Wahrscheinlichkeit der Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5°C auf etwa 500 GtCO2 geschätzt wird. Für ein 2°C-Szenario beläuft sich diese Zahl auf 1.150 GtCO2. Die Förderung und Verbrennung dieser Megaprojekte würde also nicht nur das 1,5°C, sondern auch das 2°C-Kohlenstoffbudget sprengen. Dieser Bericht unterstreicht die dringende Notwendigkeit, diese Projekte zu stoppen. Die Tatsache, dass die überwältigende Mehrheit von diesen Projekten außerhalb Europas angesiedelt ist, darf keine Entschuldigung für Untätigkeit sein. Europäische Unternehmen finanzieren und betreiben diese Kohlenstoffbomben-Projekte und machen dabei Gewinne. 

Beispiel OMV: Jährlich 97 Mal mehr CO₂-Emissionen als ganz Österreich

Die OMV AG, ein österreichischer Öl- und Gaskonzern, hat im Jahr 2021 0,17 GtCO2e emittiert. Zum Vergleich: Das ist mehr als das 2,5-fache der österreichischen CO₂-Emissionen für dasselbe Jahr.

Noch alarmierender ist die aktive Beteiligung der OMVexternal link, opens in a new tab an der Entwicklung von zwei Öl- und Gasprojekten, nämlich El Sharara in Libyen und Urengoyskoye in Russland. Die geschätzten Emissionen dieser beiden Projekte belaufen sich auf 6,2 GtCO2. Zum Vergleich: alleine diese beiden Projekte würden das 97-fache der jährlichen Emissionen Österreichs im Jahr 2021 verursachen! 

Problem ist jedoch nicht nur die Klimaauswirkung dieser Kohlenstoffbomben-Projekte. Das Ölfeld El Sharara in Libyen ist seit seiner Errichtung sehr umstritten. Der Betrieb wurde aufgrund von Umweltbedenkenexternal link, opens in a new tab und lokalen Konfliktenexternal link, opens in a new tab schon mehrmals unterbrochen. 

Diese hohen Emissionszahlen sind äußerst besorgniserregend. Österreich hat sich verpflichtet, seine jährlichen Emissionen bis 2030 auf 27.970 Millionen Tonnen CO₂-Emissionen zu reduzieren, um das 55 %-Ziel zu erreichen. Während Österreich sich bemüht, seine Emissionen zu senken, sind die globalen Emissionen der OMV nur in einem einzigen Jahr über dem Jahresziel des Landes für 2030 oder sogar über den Jahresemissionen für 2021.

Weitere solcher Beispiele finden Sie im Report (en):

  • Total Energies SE (Frankreich)
  • RWE Power AG (Deutschland)
  • Santander, Repsol SA, Caixa Bank, Tecpetrol International SA (Spanien)
  • Shell (Niederlande)

Für Klimaschutz im EU-Lieferkettengesetz

Wir haben jetzt die historische Chance, einen entscheidenden Schritt vorwärts zu machen und den Klimaschutz mit echten Verpflichtungen für Konzerne in das EU-Lieferkettengesetz aufzunehmen. Damit können weltweit Projekte für fossile Brennstoffe entschärft werden, bevor ihre katastrophalen Folgen eintreten. 

Da sich freiwillige Bekenntnisse als unzureichend erwiesen haben, müssen sie angesichts der Dringlichkeit der Klimakrise rechtsverbindlich werden. Das EU-Lieferkettengesetz kann und muss dies leisten. 

Wir appellieren an Wirtschaftsminister Kocher und Justizministerin Zadić sowie an alle österreichischen EU-Abgeordneten: Nehmen Sie Konzerne in die Verantwortung & setzen Sie sich für ein starkes EU-Lieferkettengesetz mit Klimaverpflichtungen ein!

Stellen Sie sich hinter unsere Forderungen und unterschreiben Sie unsere Petition: