Was ist ein Lieferkettengesetz? Und warum ist ein gerechtes Lieferkettengesetz so wichtig?

In unserer globalisierten Welt sind Lieferketten lang und undurchsichtig. Das Kleingedruckte auf der Packung eines Lebensmittels gibt kaum Auskunft. Im Supermarkt werden Sie nicht oder nur in den seltensten Fällen in Erfahrung bringen können, wie das Produkt produziert wurde und woher die Rohstoffe kommen. Das Gleiche gilt für elektronische Geräte, Kleidung oder Schuhe. Konsumenten und Konsumentinnen wissen nicht, ob entlang der Lieferkette alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Es sollte Aufgabe der Unternehmen sein, Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung zu verhindern.

Was ist eine Lieferkette?

Die „Lieferkette“ eines Produkts oder Unternehmens umfasst alle an dessen Entstehungs- und Vermarktungsprozess beteiligten Organisationen. Die „Wertschöpfungskette“ eines Produkts oder Unternehmens ist noch weiter gefasst und umfasst auch die nachgelagerten Prozesse. Im deutschsprachigen Raum hat sich die Verwendung der „Lieferkette“ eingebürgert, auch wenn wir oft die gesamte Wertschöpfungskette meinen.

Zur Lieferkette gehören zum Beispiel:

  • Minen
  • Herstellungsbetriebe
  • Transportunternehmen
  • Groß- und Einzelhändler
  • Abfallverwerter

Was ist ein Lieferkettengesetz?

Das sogenannte „Lieferkettengesetze“ gibt es bereits in mehreren Ländern, wie zum Beispiel das “Loi de vigilance” in Frankreich oder das “Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz” in Deutschland. Sie verpflichten Unternehmen zur Sorgfalt in ihren Lieferketten. Das heißt, dass Unternehmen beispielsweise prüfen müssen, ob und wo bei ihren Zulieferern Menschenrechte missachtet oder Umwelt zerstört wird. 

EU-Lieferkettengesetz: Das hat es damit auf sich!

Lieferkettengesetz 2024 in der EU beschlossen

Im Frühjahr 2024 wurde nach langen Verhandlungen und jahrelangem Druck aus der Zivilgesellschaft ein EU-Lieferkettengesetz beschlossen. Der volle Name ist “Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen in Hinblick auf Nachhaltigkeitexternal link, opens in a new tab”. Auch wir haben uns mit unserer Kampagne “Konzerne in die FAIRantwortung” und der europaweiten Kampagne “Gerechtigkeit geht uns alle an” für dieses Gesetz eingesetzt - gemeinsam mit mehr als 100.000 Menschen in ganz Europa!

Wir bleiben dran - für ein starkes Lieferkettengesetz

Jetzt hat Österreich - genau wie alle anderen EU-Mitgliedsstaaten - bis Juli 2026 Zeit, um die Richtlinie in nationales Gesetz umzusetzen. Damit das österreichische Lieferkettengesetz auch tatsächlich wirkungsvoll Klima, Umwelt und Menschenrechte schützt, haben wir mit unseren Partnerorganisationen der Treaty Allianz Empfehlungen ausgearbeitet

In Bezug auf Klima- und Umweltschutz fordern wir unter anderem: 

  • Der Anwendungsbereich sollte erweitert werden, insbesondere das Pariser Klimaabkommen muss im Anhang aufgenommen werden. 
  • Die Klima- und Umweltschutzverpflichtungen für Unternehmen müssen genauer definiert werden. Insbesondere muss festgelegt werden, dass Klimatransitionspläne auf wissenschaftsbasierten Szenarien aufbauen und (wo vorhanden) im Einklang mit nationalen oder regionalen Klimazielen und Sektorpfaden stehen müssen. 
  • Um einen fairen Wettbewerb sicherzustellen, muss die zuständige Behörde die tatsächliche Umsetzung der Pläne durch die Unternehmen effektiv kontrollieren und gegebenenfalls sanktionieren. 

Wie geht es jetzt weiter?

Die Basis für ein gelungenes österreichisches Gesetz bildet die gemeinsame Erarbeitung des Entwurfs mit den zuständigen Ministerien, den Sozialpartnern und der Zivilgesellschaft. Dafür muss die neue Bundesregierung rasch eine Multistakeholder-Arbeitsgruppe einsetzen und mit der Erarbeitung des Entwurfs beauftragen.

Wozu wird das Lieferkettengesetz die Konzerne verpflichten? 

  • Unternehmen die Folgen ihres Geschäftsmodells zu analysieren
  • international anerkannte Menschenrechte und Umweltstandards zu beachten
  • Einen Klimaplan erstellen und Klimaschutz umzusetzen
  • Risikoanalysen durchzuführen
  • effektive Maßnahmen festzulegen, um Missstände zu beheben
  • öffentlich über Risiko- und Maßnahmenanalyse zu berichten
  • für Betroffene in jeder Stufe der Wertschöpfungskette Beschwerdemechanismen einzurichten, damit diese im Schadensfall entschädigt werden können
  • schwerwiegende Sanktionen und zivile Haftung für den Fall der Missachtung dieser Richtlinien vorzusehen

Was ist das aktuelle Problem?

Jeden Tag schädigen große Unternehmen das Leben von Menschen und Umwelt auf der ganzen Welt. Die bestehenden Gesetze verhindern dies nicht und ziehen die Unternehmen nicht zur Rechenschaft. Bisher enden die Gesetze meist an den Landesgrenzen, der Handel geht jedoch darüber hinaus. Viele Unternehmen lagern deshalb sozial oder ökologisch bedenkliche Produktionspraktiken in andere Länder aus. Dort fehlen die gesetzlichen Auflagen, die Mensch und Umwelt vor Ausbeutung schützen.

Kernproblem: Überkonsum

Oft haben die Betroffenen keinen Zugang zur Justiz, sie können bedroht oder unterdrückt werden. Das Ergebnis sind Billigpreise, die wir hier in Europa und Österreich beim Einkauf als selbstverständlich betrachten. Dieser Mechanismus ist mitverantwortlich für das Kernproblem unserer Zeit: den Überkonsum und die daraus resultierende Biodiversitäts- und Klimakrise. Für ein gutes Leben für alle Menschen weltweit innerhalb der Grenzen unserer Erde sind Lieferkettengesetz deshalb ein wichtiger Schritt - und Teil unserer “7 Ideen für eine neue Wirtschaft”.

Die Modeindustrie und ihr Impact

Die Modeindustrie gehört zu den größten Umweltsündern und beutet Arbeiter:innen systematisch aus. In China ist die Textilproduktion für die Verschmutzung von zahlreichen Seen und Flüssenexternal link, opens in a new tab verantwortlich, aber auch von weitreichenden Küstengebieten. Mehr als zwei Drittel der lokalen Wasserreserven sind betroffen. Laut einer Studie der Weltnaturschutzunion IUCN von 2017 stammen 35 % des Mikroplastiks external link, opens in a new tabim Meer von synthetischer Kleidung. Billige erdölbasierte Textilien schwemmen den europäischen Markt mit überflüssiger Kleidung. Arbeiter:innen werden nicht nur für einen minimalen Lohn unter gesundheitsgefährdenden Bedingungen ausgebeutet. Sie leiden zusätzlich unter der Zerstörung der lokalen Umweltexternal link, opens in a new tab

Warum braucht es ein strenges Lieferkettengesetz?

Um solche Katastrophen in Zukunft zu verhindern, braucht es Richtlinien! Diese müssen heimische sowie europäische Unternehmen effektiv in die Pflicht nehmen und ausbeuterische und umweltgefährdende Vorgehensweisen unterbinden. Dafür brauchen wir ein Lieferkettengesetz.

Trotz ursprünglicher Skepsis sprechen sich mittlerweile immer mehr Ökonominnen und Ökonomen für eine strenge und rasche Umsetzung eines Lieferkettengesetzes external link, opens in a new tabaus. Sie kritisieren, dass Entwicklungschancen im Globalen Süden aktuell immens behindert werden. Dies sei für die globale Wirtschaft langfristig schädlich und nicht ertragreich.

Welche Vorteile bringt das Lieferkettengesetz?

Ein Lieferkettengesetz bedeutet enorme positive Entwicklungen für Menschen und die Umwelt. Es ist ein regelrechter Katalysator für die Kreislaufwirtschaft und eine große Motivation für einen schonenden, bewussteren Umgang mit Ressourcen.

GLOBAL 2000 unterstützt die Forderung nach einem Lieferkettengesetz, weil...

  • wir die Menschenrechte über unsere Grenzen hinaus einhalten müssen.
  • es einen verantwortungsvolleren Umgang mit Ressourcen vorantreibt.
  • Wir die Klimakrise ohne verpflichtende Reduktion von Treibhausgasemissionen in den Lieferketten nicht eindämmen können
  • dadurch die Produktion von qualitativ hochwertigen und langlebigen Gütern gefördert wird.
  • Ressourcen teurer werden und dadurch der Trend zur Reparierfähigkeit angekurbelt wird.
  • die Umwelt entlastet wird.

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