Traurige Beispiele aus der Vergangenheit
Welch verheerende Auswirkungen globale Lieferketten von Produkten haben können, zeigen zahllose Beispiele aus aller Welt, wie etwa der folgenschwere Dammbruch in einer Eisenerzmine in Brumadinho in Brasilien im Jänner 2019. Eisen ist einer der wichtigsten Werkstoffe des Menschen und wird überall gebraucht. Das in Brumadinho gewonnenen Erz wird auch nach Europa exportiert. Im Zuge der GLOBAL 2000-Veranstaltung #Rohstoffwende im März 2020 berichtete Dom Vicente de Paula Ferreira, ein Augenzeuge, von dem katastrophalen Ereignis: „Dieses „Verbrechen“ hat 272 Menschen das Leben gekostet. Für das Rückhaltebecken des Bergwerksschlamms ist das lokale Unternehmen Vale verantwortlich. Die deutsche Firma TÜV Süd hat diesem jedoch noch kurz vor dem Desaster die Sicherheit des Damms zertifiziert.“ Die Zertifizierung erfolgte, obwohl bereits Mängel bekannt waren.
Das Unglück hat nicht nur hunderten Menschen das Leben und tausenden den Lebensunterhalt genommen, sondern auch den lokalen Fluss Paraopeba verseucht und alles Leben in ihm zerstört. Über eine Strecke von 300 Kilometern wurden Schwermetalle wie Kupfer in hoher Konzentration gemessen. Zusätzlich fielen 112 Hektar tropischen Regenwaldes dem Unglück zum Opfer. Bis heute wurde keiner der Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen. Der Bergbau gehört zu jenen Branchen, die Menschen und Umwelt am stärksten zusetzen.
„Nach so einem Unglück kann man nicht einfach so weiterleben als wäre nichts passiert. Ich wünsche mir, dass die Leute endlich umdenken! Ich möchte, dass ihr euch die Hoffnung bewahrt, dass wir unseren Planeten retten können. Was uns widerfahren ist, muss nicht mehr passieren!“, appelierte Dom Vicente in seinem Vortrag.
Die Modeindustrie und ihr Impact
Auch die Modeindustrie ist keineswegs unschuldig – ganz im Gegenteil. Sie gehört zu den größten Umweltsündern und beutet ArbeiterInnen systematisch aus. In China ist die Textilproduktion für die Verschmutzung von zahlreichen Seen und Flüssen verantwortlich, aber auch von weitreichenden Küstengebieten. Mehr als zwei Drittel der lokalen Wasserreserven sind betroffen. Laut einer Studie der Weltnaturschutzunion IUCN von 2017 stammen 35 Prozent des Mikroplastiks im Meer von synthetischer Kleidung. Billige erdölbasierte Textilien schwemmen auch den europäischen Markt mit überflüssiger Kleidung. ArbeiterInnen werden nicht nur für einen minimalen Lohn unter gesundheitsgefährdenden Bedingungen ausgebeutet, sondern leiden zusätzlich unter der Zerstörung der lokalen Umwelt.
Der Einsturz eines neunstöckigen Gebäudes in Rana Plaza, bei dem 2013 in fünf Textilfabriken mehr als 1.000 Menschen starben und 2.500 verletzt wurden, zählt zu den negativen Höhepunkten der jüngeren Geschichte der Textilindustrie – und wurde zu einer Initialzündung für die Diskussion um die Lieferketten-Verantwortung.
Um solche Katastrophen in Zukunft zu verhindern, braucht es Richtlinien, die heimische sowie europäische Unternehmen effektiv in die Pflicht nehmen und ausbeuterische und umweltgefährdende Vorgehensweisen unterbinden. Genau dafür brauchen wir ein Lieferkettengesetz.
Ein Lieferkettengesetz muss sicherstellen, dass ...
- … Unternehmen die Folgen ihres Geschäftsmodells analysieren.
- … international anerkannte Menschenrechte beachtet werden.
- … Risikoanalysen durchgeführt werden.
Es muss weiters …
- … effektive Maßnahmen festlegen, um Missstände zu beheben.
- … öffentlich über Risiko und Maßnahmenanalyse berichten.
- … für Betroffene in jeder Stufe der Lieferkette Beschwerdemechanismen einrichten, damit diese im Schadensfall entschädigt werden können.
- … schwerwiegende Sanktionen für den Fall der Missachtung dieser Richtlinien vorsehen.
Ein Lieferkettengesetz bedeutet enorme positive Entwicklungen für Menschen und die Umwelt. Es ist ein regelrechter Katalysator für die Kreislaufwirtschaft und eine große Motivation für einen schonenderen, bewussteren Umgang mit Ressourcen.
Trotz ursprünglicher Skepsis sprechen sich mittlerweile auch immer mehr ÖkonomInnen für eine strenge und rasche Umsetzung eines Lieferkettengesetzes aus. Sie kritisieren, dass sich die globale Lieferketten auf sozialer und ökologischer Ebene nicht rentieren und dadurch die Entwicklungschancen im globalen Süden immens behindern. Dies sei für die globale Wirtschaft langfristig schädlich und nicht ertragreich.
Darum fordern wir ein Lieferkettengesetz
In Österreich wird das Thema Lieferkettengesetz auf politischer Ebene aktuell noch unzureichend behandelt. MenschenrechtsexpertInnen fordern deswegen mehr Engagement vonseiten Österreichs. Unsere Bundesregierung muss sich auf nationaler und EU-Ebene (pro-)aktiv in die Debatte einbringen, denn auch Österreich trägt Verantwortung gegenüber Umwelt und Menschen. Deswegen unterstützt GLOBAL 2000 als Teil von Friends of the Earth Europe und des Netzwerks Soziale Verantwortung die Mobilisierung für ein europaweites Lieferkettengesetz.
GLOBAL 2000 unterstützt die Forderung nach einem Lieferkettengesetz, weil ...
- ...wir die Menschenrechte über unsere Grenzen hinaus einhalten müssen.
- ...es einen verantwortungsvolleren Umgang mit Ressourcen vorantreibt.
- ...dadurch die Produktion von qualitativ hochwertigen und langlebigen Gütern gefördert wird.
- ...Ressourcen teurer werden und dadurch der Trend zur Reparierfähigkeit angekurbelt wird.
- ...die Umwelt entlastet wird.
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