Vom Einsturz des Rana Plaza bis zur Ölpest an der Küste Limas. Was passiert da eigentlich auf dem langen Weg einer Lieferkette? Durch die intransparente Wertschöpfungskette werden schockierende Fälle, die während der Produktion oder Rohstoffgewinnung passieren, einfach unter den Teppich gekehrt. Erfahren Sie hier, was Konzerne lieber verschweigen und wie ein neues EU-Gesetz Fairness in globalen Lieferketten fördern kann.

In der Vergangenheit gab es immer wieder Fälle, bei denen Konzerne ihre Profite über die Einhaltung von Menschenrechten oder wirksamen Umweltschutz in ihren globalen Lieferketten stellten. Weltweit zeigt sich dies durch mehrere Unfälle und Zwischenfälle innerhalb der Produktionsketten von Unternehmen. Aber auch Katastrophen, die durch die Produktion ausgelöst wurden, zählen dazu. Selten übernehmen die Konzerne Verantwortung für diese Missstände - stattdessen wird in der Regel durch leere Versprechungen und Greenwashing von fehlenden Konsequenzen und Lösungen abgelenkt. 

Der Einsturz der Rana Plaza Fabrik (Sabhar/Bangladesh)

Der Einsturz eines neunstöckigen Gebäudes - Rana Plazaexternal link, opens in a new tab - wurde zu einer Initialzündung für die Diskussion um die Lieferketten-Verantwortung. Dabei starben 2013 mehr als 1.000 Menschen und 2.500 wurden verletzt. Es war einer der schwerwiegendsten Unfälle innerhalb der Textilindustrie. Obwohl 28 internationale Textilkonzerne, wie KiK und Primark, Ware aus der Fabrik bezogen, beteiligten sich nur eine Handvoll an Kompensationszahlungen für Opfer und Angehörige. Gleichzeitig wurde der Zugang zu diesen Zahlungen extrem erschwert, bis heute warten viele der Betroffenen auf Gerechtigkeit. Bei der Aufarbeitung des Falls zeigte sich, dass vor Ort keine sicheren Arbeitsbedingungen herrschten und das Gebäude ungeeignet als Fabrikgebäude war. Das Ereignis zählt zu den negativen Höhepunkten der jüngeren Geschichte der Textilindustrie.

Der Dammbruch in der Eisenerzmine (Brumadinho/Brasilien)

2019 setzte der Staudammbruchexternal link, opens in a new tab eines Absatzbeckens Millionen Tonnen an giftigen Minenschlamm frei. Dies hat nicht nur 272 Menschen das Leben und tausenden Menschen den Lebensunterhalt genommen. Es wurde außerdem der lokale Fluss Paraopeba verseuchtexternal link, opens in a new tab und alles Leben in ihm zerstört. Über eine Strecke von 300 Kilometern wurden Schwermetalle wie Kupfer in hoher Konzentration gemessen. Zusätzlich fielen 112 Hektar tropischen Regenwaldes dem Unglück zum Opfer. Nur ein paar Monate zuvor wurde der Staudamm noch vom deutschen TÜV Süd geprüft und genehmigt. Der brasilianische Minenbetreiber Vale wurde zwar zu Strafzahlungen verurteilt, das deutsche Unternehmen konnte sich bisher jedoch jeder juristischen Verantwortung entziehen. Hunderte Betroffene warten somit bis heute vergebens auf Schadensersatz und Schmerzensgeld.

Die Ausbeutung beim Einkaufszentrum Baus (Charleroi/Belgien)

Das Einkaufszentrum wurde zwischen 2014 und 2017external link, opens in a new tab von der kanadischen Groupe St. Lambert gebaut. Die Firma heuerte mehrere Subunternehmen für Arbeiter:innen und Aufsicht des Bauvorhabens an. Keines dieser Subunternehmen stellte tatsächlich Arbeiter:innen an, sondern sie beauftragten wiederum andere Subfirmen. Am Ende dieser Kette an Subunternehmen standen kleine, kurzlebige Firmen.

Diese Praktik ist im Baugeschäft und in anderen Industriesektoren innerhalb Europas die Regel. Es verwässert Verantwortung und vereinfacht dadurch die Ausbeutung von billigen Arbeitskräften. Im Falle des Einkaufszentrums wurden ausländische Arbeiter:innen ohne Arbeitsgenehmigungen nach Belgien gebracht. Oft wussten sie selbst nicht einmal, dass sie illegal transportiert und nicht angestellt waren. Untragbare Arbeitszeiten waren die Norm, Sicherheitsmängel wurden selbst nach Kontrollen nicht verbessert und Gehälter wurden oft nicht gezahlt. Dies führte zu Protesten und sogar Suiziddrohungen einiger Betroffenen. Anstatt die Bedingungen zu verbessern, antworteten die Manager mit Gewalt und später Schweigegeld. Durch das komplizierte Netzwerk an Subunternehmen ist es für Arbeiter:innen fast unmöglich, Gerechtigkeit zu erkämpfen - selbst innerhalb der EU.

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Für saubere Lieferketten

Die Ölpest an der Küste Limas (Lima/Peru)

Die Umweltkatastropheexternal link, opens in a new tab ereignete sich im Jänner 2022, als das italienische Schiff Rohöl in Unterwasser-Pipelines entlud. Angeheuert wurde das Schiff von der spanischen Firma Repsol. Das Öl bedeckte eine Fläche so groß wie Paris, mehr als 1500 Fischer verloren ihre Lebensgrundlage. Zusätzlich starben hunderte Vögel, darunter einige gefährdete Arten wie der Humboldt Pinguin. Repsol versuchte zuerst die Katastrophe zu verharmlosen, bis die peruanische Regierung die Firma für die Schäden verantwortlich machte. Seitdem befinden sich die zwei Seiten in einem rechtlichen Hin-und-her. In all der Zeit wurde das Öl nicht beseitigt, Fischer wurden nicht kompensiert und tausende Tiere sterben weiterhin in dem verseuchten Ökosystem.

Der Brand in der Textilfabrik (Karachi/Pakistan)

2012 brach ein Feuer in der Ali Enterprises Textilfabrikexternal link, opens in a new tab aus. Es gab keinen funktionierenden Feueralarm, Notausgänge waren blockiert, Türen führten ins Nichts, die Fenster waren vergittert. 258 Menschen kamen ums Leben. Der deutsche Textilkonzern KiK kaufte 75% der Ware, die in der Fabrik hergestellt wurde. Der Konzern beteuert, die Fabrik selbst regelmäßig besucht und die italienische Firma RINA für Überprüfungen beauftragt zu haben. Er müsste also von den Sicherheitsmängeln gewusst haben.

Nach dem Ereignis wiesen jedoch KiK, RINA und die pakistanische Regierung die Verantwortung von sich. Später erklärte sich KiK zwar bereit, 1 Million USD Kompensation zu zahlen, übernahm aber keine Verantwortung für die 258 Todesfälle. Daraufhin wurde KiK drei Jahre später von vier Betroffenen angeklagt. Die Klage wurde jedoch vom zuständigen deutschen Gericht wegen Einzelheiten in der pakistanischen Gesetzgebung zurückgewiesen. Somit ist es für die Opfer und Angehörigen bis heute unmöglich, das Unternehmen zur Rechenschaft zu ziehen.

Die Zerstörung von Biodiversität & Lebensgrundlagen durch Ölgeschäfte (Buliisa und Nwoya/Uganda)

Wie kann ein Öl-Projektexternal link, opens in a new tab verheerend für eine ganze Region sein, bevor überhaupt der erste Tropfen Öl gefördert wurde? 2006 wurden am Albertsee in Uganda Ölvorkommen entdeckt. Daraufhin hat das französische Energieunternehmen TotalEnergies zusammen mit einer chinesischen und ugandischen Ölgesellschaft das Tilenga-Projekt gestartet. Das Ziel war, sechs Ölfelder zu erschließen.

Für das Projekt benötigte TotalEnergies das Land von mehr als einem Viertel der in Buliisa lebenden Gemeinden. Die Betroffenen verloren dadurch ihren Lebensunterhalt, erhielten jedoch nur wenig oder gar keine Entschädigung. Auch ein einzigartiges Ökosystem mit großer Artenvielfalt ist gefährdet. So passieren beispielsweise ein Drittel der Ölbohrungen in einem geschützten Nationalpark.

Bis vor kurzem stießen die Bemühungen, TotalEnergies zur Verantwortung zu ziehen, auf große Hindernisse. Beschwerden werden vom Unternehmen ignoriert, Aktivist:innen werden schikaniert und verhaftet, Einheimische werden eingeschüchtert und haben Angst, mit NGOs zu sprechen. Kurz gesagt ist es unmöglich, in einem derart manipulierten Spiel Gerechtigkeit zu erlangen.

Berochans Geschichte:

Berochans Geschichte handelt davon, wie die Gier der Unternehmen die Lebensgrundlage der Menschen vor Ort und die Umwelt schädigt, und von einer Gemeinde, die sich dagegen wehrt.

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Wie können in Zukunft solche Fälle verhindert werden?

Aber was können wir tun, wenn sich Konzerne hinter Ländergrenzen oder Subunternehmen verstecken? Wie kann Betroffenen Zugang zu Gerechtigkeit ermöglicht werden? Die EU verhandelt derzeit das EU-Lieferkettengesetz, um Konzerne zukünftig für die Ausbeutung von Mensch und Umwelt haftbar zu machen. Doch die Wirtschaftslobby versucht, den Gesetzesentwurf zu verwässern.

Helfen Sie uns, das zu verhindern: Unterschreiben Sie unsere aktuelle Petition und fordern Sie die Regierung auf, sich für ein starkes EU-Lieferkettengesetz einzusetzen. Gemeinsam schaffen wir es, dass Konzerne in die Verantwortung genommen und für Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörungen haftbar gemacht werden.

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