04.12.2019

Weihnachtsdeko-Test

Unser Weihnachtsdeko-Test im Rahmen des EU Projekts LIFE AskREACH, deckt auf: Gefährliche Stoffe in Christbaumkugeln, künstlichen Weihnachtsbäumen und Lichterketten sind keine Seltenheit!

Cover "Der GLOBAL 2000 Weihnachtstest"

GLOBAL 2000

Draußen ist es kalt, es riecht nach Punsch und Keksen und auch in den heimischen Wohnzimmern stimmt man sich mit Dekoartikeln wie Christbaumkugeln und Lichterketten auf das Weihnachtsfest ein. Doch wussten Sie, welche Substanzen in diesen scheinbar harmlosen Weihnachtsdekoartikeln stecken? Wir haben für Sie getestet.

Wenn wir als europäische KonsumentInnen etwas kaufen, denken wir automatisch, dass diese Produkte sicher sind. Dass dem nicht so ist, zeigt unser Test, der im Rahmen des EU Projekts LIFE AskREACH durchgeführt wurde: Sogar in weihnachtlichen Dekoartikeln haben wir fortpflanzungsschädigende Weichmacher, giftige Flammschutzmittel und umweltschädliche Chlorparaffine gefunden.

Besonders besorgniserregende Stoffe

Die gute Nachricht ist, dass KonsumentInnen das Recht haben, vom Verkäufer oder Hersteller eines Produkts zu erfahren, ob darin Substanzen enthalten sind, die unsere Gesundheit oder die Umwelt schädigen. Dank der europäischen Chemikalien-Verordnung „REACH“ werden diese Substanzen in einer Liste gesammelt und fallen unter das so genannte „Auskunftsrecht“. Auf Anfrage von KonsumentInnen sind sowohl Produzenten als auch Verkäufer verpflichtet, Auskunft über sogenannte „besonders besorgniserregenden Stoffe“ - auf Englisch „Substances of Very High Concern“ (SVHCs) - und Informationen zum sicheren Umgang mit den Produkten, zu geben.

GLOBAL 2000 Weihnachtsdeko-Test

GLOBAL 2000 / Evelyn Knoll

Was sind SVHCs?

Substances of Very High Concern - kurz SVHCs - sind Stoffe, die erwiesenermaßen krebserregend, fortpflanzungsschädigend, erbgutverändernd, hormonell wirksam oder persistent (schlecht abbaubar), bioakkumulativ (reichern sich in der Umwelt an) und toxisch (giftig) sind.

Sie können in allen Arten von Alltagsgegenständen vorkommen, wie etwa in Spielzeug, Schuhen, Kleidung, Möbeln, Schmuck, Geschirr, Elektronik und Sportgeräten. Dazu gehören Substanzen wie Weichmacher in Plastikmaterialien, Flammschutzmittel in Textilien oder Möbeln, Schwermetallverbindungen, verschiedene Farbstoffe oder so genannte polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoff-Verbindungen.

Unser großer Weihnachtsdeko-Test

Wir haben künstliche Weihnachtsbäume, Christbaumschmuck und Lichterketten bei verschiedenen österreichischen und deutschen Händlern gekauft und auf SVHC testen lassen.

Getestet wurde auf folgende Substanzen:
  • Phthalate (Weichmacher) - können hormonell wirksam und teilweise fortpflanzungsschädigend sein
  • Flammschutzmittel - bestimmte Flammschutzmittel sind giftig für Mensch und Umwelt
  • Chlorparaffine - sind giftig für Wasserlebewesen und wahrscheinlich krebserregend für den Menschen
  • Schwermetalle - können in zu hohen Konzentrationen gesundheitsschädlich und teilweise krebserregend und fortpflanzungsschädigend sein

Die Ergebnisse der Weihnachtsdeko-Tests 2019

In der Hälfte der 26 untersuchten Produkte wurden SVHCs in Konzentrationen über 0,1 % gefunden, damit fallen diese Erzeugnisse unter das „Informations-Recht“ gemäß Artikel 33 der REACH-Verordnung.

In neun Produkten wurden Weichmacher über dem 0,1 % Grenzwert gefunden, vor allem das Phthalat DEHP. Spitzenreiter waren zwei Lichterketten, die zu rund einem Viertel (24 % und 27 %) aus Phthalaten bestanden. DEHP ist auch in der europäischen Elektroprodukte-Verordnung (RoHS) geregelt, die besagt, dass Artikel mit über 0,1 % DEHP nicht verkauft werden dürfen. Alle vier Lichterketten sind demnach nicht verkehrsfähig.

In zehn Erzeugnissen wurden Chlorparaffine gefunden, wobei sechs davon über der 0,1 %-Grenze lagen. Diese Stoffe sind auch in der weltweit geltenden POP-Verordnung geregelt (POP = persistente organische Schadstoffe), die besagt, dass Produkte mit mehr als 0,15 % Chlorparaffine nicht verkauft werden dürfen. Je drei Weihnachtsbäume und Lichterketten sind demnach ebenfalls nicht verkehrsfähig.

In drei Christbaumkugeln wurden Flammschutzmittel nachgewiesen, in allen drei Fällen die Substanz Deca-BDE (Decabromdiphenylether). Diese ist sowohl über die POP- als auch über die RoHS-Verordnung geregelt und Produkte mit einem Gehalt über 0,1 % dürfen nicht auf den Markt gebracht werden. Das heißt, auch diese drei Kugeln sind nicht verkehrsfähig.

Schwermetalle wurden nur in zwei Produkten in geringen Mengen nachgewiesen.

Das erschreckende Ergebnis: Insgesamt sind fast 40 % der untersuchten Erzeugnisse nicht verkehrsfähig.

Update 2020: 

Mädchen mit Lichterkette

Public Domain von pixabay.com

Wie schon letztes Jahr haben wir auch heuer Weihnachtsschmuck unter die Lupe von Umweltschutz und Gesundheit genommen - und wurden wieder fündig. In einer Lichterkette wurde der Weichmacher DEHP mit 14 % gefunden, der eigentlich seit Juli diesen Jahres verboten ist. Weiters wurden fast 2 % sogenannte „Kurzkettige Chlorparaffine“ (SCCPs) und über 3 % mittelkettige Chlorparaffine (MCCPs) gefunden, die ebenfalls verboten sind. Diese Lichterkette dürfte gar nicht verkauft werden. Dieser Fund war Ergebnis einer schnellen und zufälligen Probe, es ist anzunehmen, dass sich an den beunruhigenden Erkenntnissen des Vorjahres eher wenig geändert hat.

Die Reaktion der Firmen 2019

Nachdem wir die Testergebnisse erhielten, haben wir natürlich die jeweiligen Firmen damit konfrontiert. Obwohl die Hälfte der untersuchten Erzeugnisse unter die Informationspflicht fallen, weil sie SVHCs über 0,1 % enthielten, haben wir von keinem der Verkäufer dieser Artikel eine Auskunft über SVHCs erhalten.

Nur eine Firma – Spar – antwortete transparent, dass weitere Nachforschungen angestellt werden müssen. Diese führten in der Folge zu einem offiziellen Produktrückruf des betroffenen Baumes.

Alle anderen Unternehmen hatten geantwortet, dass die angefragten Produkte keine SVHCs enthalten, nahmen jedoch die Erzeugnisse auf unsere Anfrage hin doch aus dem Sortiment. Generell entsprachen lediglich drei der Antworten den Anforderungen der REACH-Verordnung.

    „Best of“ Antworten

    Der Hersteller Globo, dessen Lichterkette zu 27 Prozent aus DEHP-Weichmachern bestand, behauptete, für seine Produkte „nur ökologische Materialien“ zu verwenden.

    Suppan & Suppan weigerte sich, uns seine Produkte zu verkaufen, nachdem wir nach Giftstoffen gefragt hatten. Es war uns daher nicht möglich, dessen Produkte zu testen.

    Hier finden Sie alle Stellungnahmen bzw Antworten der Firmen:

    Was kann ich tun

    • Genießen Sie das Fest mit einem echten Weihnachtsbaum aus regionalem, biologischen Anbau. Verwenden Sie Christbaumschmuck aus Naturmaterialien wie Holz, Stroh oder Glas.
    • Ziehen Sie Kerzen aus Bienenwachs Lichterketten vor – natürlich nur unter entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen.
    • Kaufen Sie generell keine Produkte aus weichem PVC oder Billigartikel aus dunklem Hartplastik und bringen Sie stark riechende Plastikprodukte zum Händler zurück – übermäßiger „Plastikgeruch“ deutet oft auf übermäßigen Einsatz von Weichmachern hin.
    • Achten Sie auf Umweltzeichen, wie das Österreichische Umweltzeichen, das EU-Eco-Label oder den Blauen Engel.

    Lesen Sie die detaillierten Ergebnisse unseres Weihnachtsdeko-Tests hier nach:

    Unser Weihnachtsdeko-Test wurde im Rahmen des EU Projekts „LIFE AskREACH“ durchgeführt!

    Das Projek LIFE AskREACH wird im Rahmen des EU LIFE Programms gefördert (Projektnummer LIFE16 GIE/DE/000738), und vom Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus und vom Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz unterstützt.