Es schien wie ein Weckruf, als im Sommer 2020 Covid-19 in Deutschlands größtem Schlachthof ausbrach: Die erste Welle der Pandemie verklang gerade, da meldeten die Gesundheitsämter mehr als 1.500 infizierte Arbeiterinnen und Arbeiter in dem Mega-Schlachtbetrieb von Tönnies. Dort, wo am Tag knapp 30.000 Schweine geschlachtet werden, musste wegen der Pandemie alles stillgelegt werden. Infiziert waren vor allem Arbeiterinnen und Arbeiter aus dem Ausland, die für wenig Geld in der Fabrik arbeiten und unter prekären Bedingungen wohnen. In Österreich ist die Situation nicht viel besser:

Die Corona-Ausbrüche in oberösterreichischen Schlachthöfen im Juni zeigten einmal mehr, dass das System der industriellen Fleischproduktion an allen Ecken und Enden kracht. Es ist fast immer von extrem prekären und/oder gesundheitsgefährdenden Arbeitsbedingungen geprägt. Es basiert auf Ausbeutung – nicht nur von Menschen, sondern auch von Tieren und der Natur. Für uns ist es kaum nachvollziehbar, wie wenig sich ändert – trotz der seit nun fast zehn Jahren anhaltenden öffentlichen Kritik und der vielen Skandale.
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Jugend lehnt heutige Fleischindustrie ab
Eine repräsentative Umfrage unter Menschen zwischen 16 und 29 Jahren ergab, dass mehr als zwei Drittel die heutige Fleischindustrie ablehnen. Sie sehen in der Fleischproduktion eine Bedrohung für das Klima und ernähren sich doppelt so oft vegetarisch und vegan wie der Durchschnitt der gesamten Bevölkerung. Und sie sehen Handlungsbedarf beim Staat: Er soll Konsumentinnen und Konsumenten darin unterstützen, sich klimafreundlich zu ernähren. Das sind interessante Ergebnisse, denn im Gegensatz dazu proklamieren viele Politikerinnen und Politiker, dass Ernährung eine persönliche Entscheidung sei – und der Staat nichts gegen den Konsum von billigem Fleisch unternehmen könne. Doch das ist falsch. So wie die Produktionsbedingungen kann der Staat auch den Konsum beeinflussen. Ernährung ist zwar individuell. Doch Gesetze und Regeln können unsere Konsumentscheidungen zugunsten von Nachhaltigkeit und Gesundheit steuern. Instrumente dafür gibt es zahlreiche. Vor allem aber bedarf es eines entschiedenen politischen Willens zur Veränderung. Doch die Regierungen wollen von einer „Fleischwende“ trotz der sichtbaren Probleme offenbar nichts wissen. Ohne Kurswechsel wächst die Fleischproduktion bis zum Jahr 2029 noch einmal um 40 Millionen Tonnen auf dann mehr als 360 Millionen Tonnen Fleisch pro Jahr. Die Folgen kann man sich kaum vorstellen, weil bereits jetzt die ökologischen Grenzen unseres Planeten überschritten werden und die Klima- und Biodiversitätskrise für viele Menschen weltweit dramatische Auswirkungen hat.