Rasenmähen - Ja? Nein? Heute noch nicht!

Ostern ist vorbei und die Gartensaison hat voll gestartet. Vielerorts brummen auch die Rasenmäher wieder fleißig und sorgen für einen "ordentlichen" Rasen. Wenn es auch Sie bereits in den Fingern juckt, möchten wir Sie bitten, zuerst unseren Artikel zu lesen und dann womöglich dem Rasenmäher noch eine verlängerte Winterruhe zu gönnen.

Von der englischen "Wüste" zum blühenden Rasen

Viele GärtnerInnen streben nach dem perfekten „Englischen Rasen“, der nur aus wenigen Arten dicht wachsender Gräsern besteht. Diese makellosen Graswüsten sind immer noch weit verbreitet und einige Gärten erinnern eher an Fußballplätze als an Natur. Und das, obwohl dieser endlose Kampf für einen perfekten Rasen sehr viel Arbeit verursacht, einiges an Geld kostet und die Umwelt belastet. Häufig kommen Kunstdünger, chemische „Unkrautvernichter“ und Rasenmäherroboter zum Einsatz.

Dabei kann ein blühender Rasen, der neben Gräsern auch eine ganze Reihe von Blütenpflanzen enthält, einen wichtigen Beitrag zum Schutz der Artenvielfalt leisten. Besonders Frühblüher wie Taubnesseln, Hohler Lerchensporn, Buschwindröschen, Ehrenpreis-Arten, Gundelrebe und andere Pflanzen sind wichtige Nahrungsquellen für Insekten, die im Frühling unterwegs sind. So fliegen etwa Hummelköniginnen gern auf Taubnessel, Mauerbienen oder Sandbienen auf Buschwindröschen oder Honigbienen auf Lerchensporn. Ohne diese Nektar- und Pollenlieferanten laufen die Bienen Gefahr zu verhungern oder sie können nicht genug Nahrung für ihren Nachwuchs sammeln. Auch für das Überleben von Schmetterlingen wie dem Aurorafalter oder Schwalbenschwanz ist es entscheidend, Wiesen sowie Stauden und Gräser möglichst lange im Frühling stehend zu lassen, denn ihre Puppen hängen über den Winter an Stauden und Gräsern und schlüpfen im Frühjahr. Im Falle des Schwalbenschwanzes erst im Mai.

Blühende Wiese für Mensch und Tier - wie geht's?

Alles, was Sie tun müssen, ist, den Rasenmäher noch stehen zu lassen und die spontan aufkommenden Kräuter zu tolerieren und blühen zu lassen. Wenn Sie dies jährlich wiederholen, entwickelt sich mit der Zeit sogar eine eigene Pflanzengesellschaft, die wir den „blühenden Rasen“ nennen. Den blühenden Rasen kann man durchaus regelmäßig nutzen, die Kinder können darauf spielen und es darf auch hin und wieder gemäht werden – aber eben nicht zu viel! Ein solch blühender Rasen mit einem hohen Anteil an ein- und mehrjährigen Kräutern neben den Gräsern steigert den ökologischen Wert Ihrer Gartenfläche immens gegenüber dem Englischen Rasen.

Wichtig ist auch beim Rasenmähen nicht die gesamte Fläche auf einmal zu mähen, sondern jeweils nur Teilflächen. So sind immer Rückzugs- und Entwicklungsorte für die Lebewesen des Gartens vorhanden und gleichzeitig entsteht ein Mosaik an unterschiedlich entwickelten Lebensräumen. Des Weiteren sollte der Rasenschnitt entfernt werden und nicht auf der Fläche liegen bleiben. So wird der Boden mit der Zeit nährstoffärmer und die Fläche artenreicher – pro Jahr können so ca. 2-5 neue Arten dazukommen. Wenn möglich sollte auch nicht bodeneben gemäht werden, sondern in einer Schnitthöhe von ca. 10 cm.

Natürliche Entwicklung eines blühenden Rasens

Sie können sich beim blühenden Rasen auch darauf verlassen, dass er jedes Jahr aufblüht. Dies ist bei gekauftem Saatgut für eine Blumenwiese nicht immer der Fall, denn häufig blüht die eingekaufte Wiese zwar im ersten Jahr recht hübsch (auf Grund des Anteils an raschwüchsigen, einjährigen Pflanzen), aber bereits im zweiten Jahr kommen nur mehr einzelne Arten der Blühmischung durch und konkurrenzstarke „Unkräuter“ nehmen ihren Platz ein. Dies hat häufig damit zu tun, dass viele Arten der Blühmischungen magere Standorte bevorzugen, die meisten Hausgärten aber nährstoffreiche Böden haben.

Der blühende Rasen entwickelt sich ganz von alleine und es siedeln sich nur jene Pflanzen an, die gut zu dem Standort passen und relativ robust sind. So vertragen sie auch eine intensivere Nutzung und das Rasenmähen relativ gut. Für den blühenden Rasen ist es aber überlebenswichtig, dass die Pflanzen blühen und Samen bilden dürfen, weshalb auch nicht zu oft gemäht werden darf!

Die Artenvielfalt im blühenden Rasen

Die im Folgenden erwähnten Pflanzenarten stellen das Grundgerüst des blühenden Rasens dar. Welche Arten bei Ihnen auftauchen, ist davon abhängig, wie das (Klein-)Klima bei Ihnen ist, in welcher Höhenlage Sie sich befinden, welchen Boden Sie haben, usw.. Es ist aber auch gar nicht wichtig, welche Arten wachsen. Umso vielfältiger und diverser unsere Gärten sind, umso mehr unterschiedlichen Lebewesen bieten sie eine Heimat. 

Ehrenpreis (Veronica sp.)

Persischer Ehrenpreis (Veronica persica), Gamander-Ehrenpreis (Veronica chamaedrys) und anderere Vertreterinnen dieser Pflanzengattung gehören zur Familie der Wegerichgewächse. Sie sind in der Regel niedrigwüchsig und werden meist nicht höher als 30cm. Der Persische Ehrenpreis ist einjährig und kann von Februar bis in den Oktober blühen, der Gamander-Ehrenpreis von März bis Juli. Beide Arten haben kleine, aber sehr hübsche blaue Blüten, die zum Beispiel von Honig- und Wildbienen, kleinen Schmetterlingen oder Fliegen bestäubt werden.

Gundelrebe (Glechoma hederacea)

Ebenfalls eine recht kleine Pflanze, die sich dank oberirdischer Ausläufer gut ausbreiten und in einer kurz gehaltenen Wiese behaupten kann. Die Gundelrebe zählt zur Familie der Lippenblütler. Sie wird maximal 40 cm hoch und verträgt auch Halbschatten gut. Sie blüht von Anfang April bis Ende Juni und ist im Frühling eine wichtige Nahrungsquelle für Hummeln, Pelzbienen, Wollschweber und andere Tiere.

Hohler Lerchensporn (Corydalis cava)

Lerchensporn gehört zur Familie der Mohngewächse, ist mehrjährig und wird nur bis zu 30cm hoch. Die Blätter und Blüten erscheinen schon sehr zeitig im Frühjahr, da die Pflanzen aus einer unterirdischen Knolle austreiben. Lerchensporn kann deshalb schon ab März blühen, was die ersten Bienen im Frühjahr besonders freut.

Löwenzahn (Taraxacum officinale)

Diese Pflanze ist für einige Gärtner ein Ärgernis und häufig hört oder liest man Negatives über den Löwenzahn im Zusammenhang mit überdüngten Wiesen. Ja, Löwenzahn ist eine Zeigerart für stickstoffreiche Böden und ja, er hat eine sehr effektive und erfolgreiche Überlebensstrategie, weshalb man ihn schwer los werden kann. Aber ihn deshalb ganz aus den Gärten verbannen? Wenn die Wiesen unserer Landschaften nur mehr eintönig gelb blühen, weil sie so stark gedüngt werden, dann ist das in der Tat kein gutes Zeichen, sondern weist auf Artenarmut hin.

Das bedeutet aber keineswegs, dass Löwenzahn nicht eine Bereicherung für unseren blühenden Rasen im Garten sein kann. Gartenböden sind meist gut mit Nährstoffen versorgt und so nimmt der Löwenzahn darin, neben den anderen Pflanzen, auch seine Nische ein und sorgt für zusätzliche Blüten und Nahrung für die Insektenwelt. Und Löwenzahn ist, wie viele andere Vertreterinnen der Familie der Korbblütler, eine beliebte Insektenpflanze. Auch wenn er selbst überhaupt nicht auf tierische Bestäuber angewiesen ist, da er auch ohne sie Samen bilden kann. Die Blütezeit reicht von März bis September, womit er ein kontinuierliches Nahrungsangebot für Blütenbesucher bietet. Die Samen der „Pusteblume“ sind wiederum bei Vögeln wie dem Stieglitz oder dem Distelfink beliebt.

Taubnesseln (Lamium sp.)

Es gibt viele Arten von Taubnesseln und ihre Blüten sind sehr beliebt bei Wildbienen und Hummeln, wie auch der Hummelexperte Ambros Aichhorn in seinem Artikel beschreibt. Die Purpurrote Taubnesseln erreicht Wuchshöhen bis zu 45cm, wobei sie häufig auch sehr klein schon blüht. Ihre Blütezeit umfasst praktisch die ganze Saison von März bis Oktober.