Getümmel an der Zwergmispel

Im ersten Teil der Serie "Vielfalt liegt im Auge des Betrachters" möchte ich Ihnen in dieser Serie die Zwergmispel (Cotoneaster sp.) vorstellen.

Crashkurs Zwergmispeln

Von der Gattung Cotoneaster gibt es eine Vielzahl an Arten, sowohl heimische, als auch exotische Arten. Heimisch ist etwa die Gewöhnliche Zwergmispel (Cotoneaster integerrimus), dahingegen kommen die Teppich-Zwergmispel (C. dammeri) oder die bei mir im Garten stehende Vielblütige Zwergmispel (C. multiflorus) ursprünglich aus Asien. Die gute Nachricht ist, dass die Vielblütige Zwergmispel nicht invasiv ist und nur selten verwildert. Es gibt aber auch Zwergmispeln, die in Europa als invasiv eingeschätzt werden, wie z.B. die Sparrige-Zwergmispel (C. divaricatus). Zwergmispeln gehören zu den Rosengewächsen und der „Zwerg“ im Namen bezieht sich auf die Größe der kleinen Früchte und nicht auf die Wuchshöhe. Es gibt zwar viele kriechende Formen, die als Bodendecker genutzt werden und die dem Namen scheinbar gerecht werden. Doch andere Arten - wie auch die Vielblütige Zwergmispel - werden schon mal drei Meter hoch. Die Blütezeit der Vielblütigen Zwergmispel ist Mai bis Juni. Durch die sehr ausladenden Wuchsform ergibt sich eine wahres Blütenmeer und später dann massenhaft Früchte. Diese bieten Vögeln im Winter Nahrung, für den Menschen sind allerdings alle Pflanzenteile schwach giftig. Cotoneaster kann von Oktober bis Mai gepflanzt werden.

Nun zu den Beobachtungen…

Die vielblütige Zwergmispel hat mich deshalb fasziniert, weil so gut wie alle Beobachtungen die ich hier vorstelle, innerhalb nicht mal einer Stunde an einem einzigen Nachmittag im Mai gemacht wurden (Ausnahme ist der Segelfalter, der wurde an einem anderen Tag im Mai fotografiert). Es hat mich beeindruckt, wie viele verschiedene Vertreter der Insekten sich zeitgleich an dem einen Strauch getummelt haben. Auch die Wilde Möhre (Daucus carota) ist so eine Pflanze, auf der häufig viele verschiedene Tiergruppen, wie Fliegen, Käfer, Wespen und andere Gruppen nebeneinander zu beobachten sind.

Sichtungen an der Vielblütigen Zwergmispel

Ich entschuldige mich gleich vorweg, dass ich nicht alle Insekten, die ich beobachte auch genau auf Artniveau bestimmen kann. Dies liegt erstens daran, dass ich selbst noch die Bestimmung der Insekten übe. Ich bin zwar Biologe, habe mich aber die meiste Zeit meines Biologendaseins mit Pflanzen beschäftigt und die Faszination für Insekten erst im Laufe der letzten Jahre entwickelt. Zweitens sind z.B. viele Wildbienenarten im Freiland oder anhand von Fotos nur sehr schwer oder gar nicht exakt bestimmbar. Manchmal bräuchte es ein ruhig gestelltes Exemplar und eine gute Lupe oder ein Mikroskop zur genauen Bestimmung. Dies soll aber die Freude an der Beobachtung und dem Bestimmen nicht trüben, denn mit der Zeit wird man immer besser und erkennt die eine oder andere Art bereits im Anflug.

  • Wildbienen

Aus dem regen Treiben ist eine Wildbiene besonders herausgestochen, denn es handelte sich um eine der größten Bienenarten die es in Österreich gibt: Die Holzbiene (Xylocopa sp.). Es gibt drei heimische Holzbienenarten und die größten unter ihnen erreichen ganze drei Zentimeter. Wer diese schwarzen und bläulich schimmernden Brummer einmal gesehen hat, merkt sie sich auf jeden Fall. Ihr Vorkommen ist bisher auf die wärmeren Regionen Österreichs beschränkt, durch den Klimawandel breitet sie sich allerdings aus. Holzbienen sind aber durch den Verlust ihrer Lebensräume gefährdet, denn sie nisten - je nach Art – in Totholz oder in hohlen Pflanzenstängeln. Wenn sie testen wollen, ob sie Holzbienen in ihrer Umgebung haben, pflanzen sie Muskatellersalbei. Diese Pflanze zieht Holzbienen magisch an.

Neben der Holzbiene sind noch weitere Wildbienenarten beim Cotoneaster aufgetaucht. Darunter etwa eine auffällige Sandbiene, mit schwarzem Körper und weißer Behaarung. Oder auch eine eher unscheinbare Wildbienenart, die aber ein sehr bemerkenswertes Verhalten an den Tag legte. Sie zog nämlich in ein Holzregal in unsere Gartenhütte ein. Die Bohrlöcher, in die die Dübel für die Regalbretter gesteckt werden können, waren offensichtlich so attraktiv für die Biene, dass sie die geringe Tiefe der Löcher in Kauf nahm. Dafür legte sie einfach mehrere Brutzellen in Löchern übereinander an. So wie die allermeisten der ca. 700 heimischen Wildbienenarten war auch diese überhaupt nicht aggressiv und so haben wir kein Problem mit den Untermietern. Im kommenden Jahr werden wir rechtzeitig die Türen der Gartenhütte öffnen, damit die jungen Bienen auch wieder ausfliegen können. Wer weiß, vielleicht besiedeln sie das Regal dann auch wieder und ich habe eine neue Chance diese Wildbienenart zu bestimmen.

  •  Fliegen

Neben den Bienen versammelten sich verschiedene Fliegenarten am Cotoneaster. Darunter waren hauptsächlich Schmeiß- und Fleischfliegen sowie auch der dicht braun behaarte Wollschweber (Bombylius). Letztere lassen sich sehr gut beim Saugen des Nektars beobachten, den sie im Flug mit ihrem langen Rüssel aufnehmen. Die Fliegen fühlen sich anscheinend von dem etwas herben Duft der Zwergmispel angezogen.

  • Rosenkäfer

Da Cotoneaster zu den Rosengewächsen zählt, lässt sich auch der Goldglänzende Rosenkäfer (Cetonia aurata) blicken. Die Rosenkäfer fressen zwar an den Blüten vieler Pflanzenarten, richten dort aber keinen ernstzunehmenden Schaden an. Die Larven des Rosenkäfers zählen zu den Engerlingen. Sie ernähren sich aber im Gegensatz zu den Engerlingen des Maikäfers und anderen, meist nur von abgestorbenem Pflanzenmaterial und sind deshalb in der Regel auch keine Schädlinge. Sollten Sie in ihrem Kompost Engerlinge finden, dann töten sie diese also nicht, denn es handelt sich wahrscheinlich um jene des Rosenkäfers.

  • Segelfalter

Auch für Schmetterlinge wie dem Segelfalter ist die Zwergmispel offenbar interessant. Der Segelfalter gilt österreichweit als stark gefährdet. Die Lage ist allerdings in den Bundesländern sehr unterschiedlich. So ist er in Teilen Niederösterreichs noch relativ häufig zu finden, in Salzburg hingegen sogar vom Aussterben bedroht. Wichtig ist allerdings, dass für den Schutz des Segelfalters – und das gilt für alle Schmetterlingsarten – das Vorkommen geeigneter Pflanzen für die Eiablage und die Entwicklung der Raupen entscheidend ist. Man darf sich deshalb nicht täuschen und denken die Schmetterlinge haben alles was so brauchen, wenn sie am Sommerflieder (Buddleja davidii) oder eben der Vielblütigen Zwergmispel sitzen. Sie sammeln auf diesen nicht heimischen Sträuchern zwar Nektar, jedoch sind diese Pflanzen für ihre Fortpflanzung und damit für ihr Überleben weitestgehend irrelevant. Der Segelfalter zum Beispiel legt seine Eier an sonnigen Standorten bevorzugt auf Schlehdorn, Weißdorn oder Steinweichsel. Wollen sie also den Segelfalter und andere Schmetterlingsarten schützen, pflanzen Sie einen dieser Sträucher oder dulden Sie Brennnesseln in ihrem Garten, welche ebenfalls eine wichtige Raupenfutterpflanze sind.

Kurzbesuch beim Nachbarn

Auf Grund der Beobachtungen an der Vielblütigen Zwergmispel habe ich auch noch einem kleinwüchsigen, bodendeckenden Cotoneasterstrauch, der ganz in der Nähe wächst, am selben Tag einen Besuch abgestattet. Dort habe ich noch Ackerhummeln und Gallische Feldwespen beim Blütenbesuch vorgefunden. Es bestätigten auch diese Beobachtungen wieder: Genaues Hinschauen lohnt sich!