Die Produktion von Schuhen ist ein arbeitsintensiver Prozess mit einem erheblichen Anteil gering qualifizierter manueller Arbeit. Deshalb lagern viele europäische Schuhunternehmen die gesamte oder Teile der Herstellung in Länder aus, in denen die Löhne niedrig und schädliche Praktiken üblich sind. In diesen Ländern haben die ArbeiterInnen oft auch keine Möglichkeit, ihre schlechten Arbeitsbedingungen (etwa niedrige Löhne, illegale Überstunden und fehlende Gesundheitsschutz- und Sicherheitsmaßnahmen) zu verändern, da das Recht auf Tarifverhandlungen und Versammlungsfreiheit eingeschränkt ist.
Aktuell werden 87 Prozent aller Schuhe in Asien produziert, wobei China mit fast zwei von drei weltweit verkauften Paar Schuhen der wichtigste Produzent ist. Von den Lederschuhen werden 40 % in China hergestellt, gefolgt von Italien (6%), Mexiko (6%), Brasilien und Indien (jeweils 4%).
In diesen Ländern sind die Umweltschutzbestimmungen meist weniger streng, wovon vor allem die Lederherstellung profitiert, die einen wichtigen Teil der Zulieferkette für Lederschuhe bildet. Zu den schädlichsten Produktionsschritten bei der Herstellung von Lederschuhen gehören die Gerbung, also die Verarbeitung von Tierhäuten zu Leder, und die Montage in der Schuhfabrik.
Das Recht auf existenzsichernde Löhne
Eines der größten Probleme in vielen schuhproduzierenden Ländern, vor allem in Asien, sind die niedrigen Löhne. Selbst wenn ArbeiterInnen den rechtlichen Mindestlohn bezahlt bekommen, können sie davon oft nicht leben. In China beispielsweise ist der Mindestlohn nur die Hälfte von dem, was für ein menschenwürdiges Leben nötig wäre, in Bangladesch nur ein Fünftel. Ein Existenzlohn ist ein Menschenrecht, das in den schuhproduzierenden asiatischen Ländern oft nicht verwirklicht ist. Niedrige Löhne führen häufig auch zu illegalen Überstundenaufkommen.
Für die Schuhproduktion gilt im Allgemeinen, dass der Monatslohn eines Arbeiters oder einer Arbeiterin in etwa gleich viel beträgt wie der Endverkaufspreis eines Paares der Schuhe, die er/sie herstellt. Die ArbeiterInnen in der Schuhindustrie bekommen nämlich meistens einen sehr geringen Teil des Preises, den der/die KonsumentIn im Laden bezahlt. So bekommen beispielsweise die ArbeiterInnen, die in Indonesien einen Schuh um 120 Euro produzieren, den kleinsten Anteil, nämlich 2,5 Euro, also etwas mehr als zwei Prozent des Verkaufspreises, während der Hersteller und der Einzelhändler den größten Teil des Profits erhalten.
Der Kunde oder die Kundin bezahlt also im Laden 120 Euro für ein Paar Sneakers, das der Einzelhändler um 55 Euro vom Zwischenhändler gekauft hat. Dieser hat 50 Euro an das Markenunternehmen bezahlt, dass die Schuhe wiederum um 20 Euro vom Produzenten gekauft hat.
Heimarbeit
Die Schuhindustrie gibt viele Tätigkeiten als Stückarbeit untervertraglich an den informellen Sektor weiter. Meist sind es Frauen, die in ihrem eigenen Zuhause oder in der Nähe davon für ein Geldeinkommen Heimarbeit verrichten und sich gleichzeitig um ihre Kinder und andere Verwandte kümmern oder in der Landwirtschaft arbeiten.
Die Heimarbeit ist für Arbeitgeber eine Möglichkeit, Kosten einzusparen: Die Löhne sind niedrig, oft wird ein Stückpreis bezahlt; die Arbeitgeber zahlen keine Sozialbeiträge; die Gemeinkosten sind niedriger, da die HeimarbeiterInnen selbst für Miete, Strom, Maschinen und Instandhaltung aufkommen müssen. Die HeimarbeiterInnen haben keinerlei Beschäftigungsgarantie, und wenn die Arbeitgeber keine Aufträge haben, müssen sie weder ihre MitarbeiterInnen bezahlen noch ein Entlassungsverfahren beginnen.
In Indien:
- Die Produktion von Lederschuhen findet zu 60 Prozent zuhause in der Familie oder in sehr kleinen Fertigungsstätten statt.
- Der Stücklohn im informellen Sektor beträgt rund zehn Rupien, das sind 0,14 Euro pro genähtem Schuhoberteil.
- Der Lohn für einen Tag beträgt im informellen Sektor üblicherweise zwischen 80 Rupien (1,18 Euro) und 125 Rupien (1,84 Euro).
- Im informellen Sektor erhalten ArbeiterInnen, auch jene, die Exportunternehmen beliefern, oft nicht einmal den Mindestlohn, der in Indien etwas mehr als 50 Euro im Monat beträgt.
- Der Existenzlohn liegt jedoch bei fast 200 Euro im Monat (Asia wage report).
Der niedrige Stücklohn gilt als ein Faktor für das Fortbestehen von Kinderarbeit im Bereich der Heimarbeit. HeimarbeiterInnen produzieren am Tag zehn bis 15 Paar Schuhe, je nach Art des Schuhs. Eine Familie kann jedoch deutlich mehr produzieren, wenn auch die Kinder mitarbeiten.