Birgt Glyphosat Gefahren für den Menschen?
Viele Studien bringen die Verwendung von Glyphosat mit negativen gesundheitlichen Folgen in Verbindung. Reizungen der Haut und der Augen, Schwindel, Kopfschmerzen, Husten oder Kreislaufprobleme können bei der Anwendung auftreten. Bei vielen der negativen gesundheitlichen Auswirkungen handelt es sich um chronische oder langfristige Erkrankungen.
Im Bundesstaat Chaco in Argentinien werden Soja und Reis intensiv mit Glyphosat behandelt. Die Krebsrate bei Kindern stieg dort von 2003 bis 2009 um das Dreifache und Geburtendefekte stiegen um ein Vierfaches an. Ähnliche Effekte wurden auch in Paraguay beobachtet. Andere Studien weisen auf Zusammenhänge zwischen Störungen des Hormonsystems und Glyphosat hin. Untersuchungen zeigen außerdem mutagene und genotoxische Wirkungen.
Im März 2015 stufte die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) der WHO (Weltgesundheitsorganisation) Glyphosat in die Gruppe 2A für krebserregende Stoffe ein: Glyphosat ist demnach „für den Menschen wahrscheinlich krebserregend“. Diese Einstufung wird von der WHO mit 'ausreichenden Beweisen' aus Tierexperimenten, 'starken Beweisen' für die erbsubstanzschädigende Wirkung und 'begrenzten Beweisen' aus epidemiologischen Studien begründet.
Kann Glyphosat in den menschlichen Körper gelangen?
Ja. Auch bei Menschen, die nicht bewusst mit der Chemikalie in Kontakt kommen. Die erste große Untersuchung der Glyphosat-Belastung im Harn von EuropäerInnen haben wir gemeinsam mit unseren Partnerorganisationen von Friends of the Earth im Jahr 2013 durchgeführt. Von 182 Stadtbewohnern aus 18 europäischen Ländern, die an dieser Studie teilnahmen, wurde bei 45 Prozent der Personen Glyphosat im Urin nachgewiesen.
Eine deutsche Studie fand drei Jahre später mit einer noch empfindlicheren Analysemethode in mehr als 99% von rund 2.000 StudienteilnehmerInnen Glyphosat-Spuren im Urin .
Glyphosat wird über belastete Lebensmittel aufgenommen und über den Darm zum Teil resorbiert. Dass Lebensmittel wie Mehl, Semmeln und sogar Bier mit Glyphosat belastet sind, wird durch zahlreiche Untersuchungen bestätigt (Ökotest, Umweltinstitut München, GLOBAL 2000).
Ist Glyphosat im Urin von Menschen besorgniserregend?
Die Belastung des menschlichen Körpers mit einem krebserregenden Stoff sollte grundsätzlich vermieden werden. Als Reaktion auf die Urin-Untersuchungen, die wir 2013 gemeinsam mit Partnerorganisationen durchgeführt hatten, nahm das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) wie folgt Stellung: "Die Studienergebnisse sind plausibel. Die Studie liefert einen Hinweis darauf, dass es eine allgemeine Hintergrundbelastung europäischer Bürger mit Glyphosat gibt, die jedoch weit unterhalb eines gesundheitlich bedenklichen Bereichs liegt." Diese Einschätzung des BfR teilen wir nicht. Nicht nur, dass Pestizide nichts im menschlichen Körper verloren haben, Glyphosat ist auch laut der Krebsforschungsagentur der WHO genotoxisch, mit anderen Worten: Es schädigt die Erbsubstanz. Und dieser Effekt tritt auch bei den kleinsten Mengen auf. Daher ist sich die Wissenschaft einig, dass für genotoxische Stoffe kein sicherer Schwellenwert abgeleitet werden kann. Das ist auch der wesentliche Grund, weshalb krebserregende Stoffe laut EU-Gesetz in Pestiziden verboten sind, ohne Wenn und Aber.
Kann Glyphosat das Hormonsystem beeinflussen?
Ja, Glyphosat kann das menschliche Hormonsystem negativ beeinflussen. Für hormonschädigende Stoffe gilt – ähnlich wie für Karzinogene - dass auch sehr geringe Aufnahmemengen ein Gesundheitsrisiko darstellen können. Eine Störung des Hormonsystems während der Schwangerschaft kann mannigfaltige und irreversible Auswirkungen auf den Nachwuchs haben: Dazu zählen verschieden Formen von Missbildungen, erhöhtes Risiko von Diabetes und hormongesteuerten Krebsarten, Herzkreislauf-Erkrankungen u.v.m.
Belege für hormonschädigende Eigenschaften von Glyphosat kommen aus Tierexperimenten. Bei Versuchen mit Ratten hatte der männliche Nachwuchs verminderte Testosteronwerte, rückläufige Spermienproduktion und eine beeinträchtigte Fortpflanzungsfähigkeit, wenn die Muttertiere, während sie trächtig waren und während der Stillphase Glyphosat ausgesetzt waren. Das wirkte sich auch auf die Pubertät aus, die bei allen untersuchten Tieren selbst bei der niedrigsten Dosis deutlich später einsetzte. Bei weiblichen Tieren hemmt Glyphosat in einer Studie ebenfalls die Östrogenbildung – mit möglichen negativen Auswirkungen auf die Fortpflanzungsfähigkeit. WissenschafterInnen wollen einen negativen Einfluss auf die Fruchtbarkeit auch bei Menschen, die keinen beruflichen Kontakt mit Glyphosat haben, nicht ausschließen.
Kann Glyphosat Schäden bei ungeborenem Leben auslösen?
Glyphosat kann die Plazenta-Schranke überwinden und so auch in den Blutkreislauf des Embryos gelangen. Außerdem steht Glyphosat im Verdacht, Embryonen zu schädigen.
Eine argentinische Studie zeigt im Laborversuch Deformationen bei Frosch- und Hühner-Embryonen, die glyphosathaltigen Pestiziden und dem Wirkstoff Glyphosat allein ausgesetzt wurden. Hühner und Frösche dienen Embryologen als Modellorganismen, um im Labor nachzuvollziehen, was auch bei Menschen passieren kann. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Wirkstoff Glyphosat Schäden an Embryonen auslösen kann.
In den großen Soja-Anbaugebieten in Südamerika häufen sich die Berichte über einen Anstieg von Missbildungen bei Neugeborenen. Eine Studie aus Paraguay ergab für Frauen, die in einem Radius von einem Kilometer zu pestizidbesprühten Soja-Feldern leben, eine doppelt so hohe Wahrscheinlichkeit, ein Kind mit Fehlbildungen zu gebären. In der argentinischen Provinz Cordoba, der Region mit dem höchsten Anteil an gentechnisch veränderten Pflanzen in Argentinien und damit einem hohen Einsatz von Glyphosat, wird das größte Spektrum an Missbildungen gefunden. Auch die Anzahl an Missbildungen ist signifikant höher als in anderen Regionen. In der Provinz Chaco, ebenfalls in Argentinien, wurde eine Vervierfachung der Missbildungen bei Neugeborenen von 1997 bis 2009 registriert.