Klimafreundlich heizen in Ihrer Gemeinde - 11 Beispiele aus Niederösterreich

Gemeinden können beim Klimaschutz mit gutem Beispiel vorangehen und entscheidende Schritte zur lokalen Energie- und Wärmewende setzen. Auch ihre Gemeinde kann unabhängig von teuren und klimaschädlichen fossilen Brennstoffen werden. Es braucht die richtigen Maßnahmen zur Versorgung der Bürger:innen mit sauberer und leistbarer Energie. Dafür gibt es klimafreundliche Heiz-Alternativen zu Öl und Gas. 11 Beispiele aus Niederösterreich machen es vor: die Energiewende kann gelingen!

Klimaaktiv Gold-Standard

Der klimaaktiv Gebäudestandard ist ein Bewertungssystem für die Nachhaltigkeit von Gebäuden mit besonderem Fokus auf Energieeffizienz, Klimaschutz und Ressourceneffizienz. Diesen gibt es für Wohngebäude, Bürogebäude und sonstige Dienstleistungsgebäude jeweils für den Bereich Neubau und Sanierung. Alle Projekte werden in der klimaaktiv Gebäudedatenbank präsentiert. Der Gold-Standard ist der höchste Standard und wurde unter anderem bei folgenden niederösterreichischen Gemeinde-Projekten erreicht:

1. Volksschule + Turnhalle Ziersdorf (Sanierung)

Nachdem die Marktgemeinde Ziersdorf in Niederösterreich 2003 den ersten Passivhauskindergarten Österreichs errichtete, wurden 2015/16 auch die Volksschule und die Turnhalle auf Passivhausniveau saniert. Der Restwärmebedarf der Gebäude wird nun durch eine Pelletsheizung in Kombination mit einer thermischen Solaranlage gedeckt.

Fertigstellung 2015/16 Bauweise Massivbau
Brutto-Grundfläche 2.383 + 2.162m² Heizung Biomassekessel, Solarthermie
Heizwärmebedarf (VS) 1,7 kWh/m²a Warmwasser Biomassekessel, Solarthermie
Heizwärmebedarf (TH) 2,1 kWh/m²a Lüftung mit Wärmerückgewinnung

2. Kindergarten Münichsthal

In Münichsthal (Stadtgemeinde Wolkersdorf) wurde ein zweigruppiger Kindergarten im  Niedrigstenergiehaus-Standardexternal link, opens in a new tab mit vorwiegend ökologischen Baustoffen errichtet. Das Heizen und Kühlen der Räume erfolgt über eine Wärmepumpe mit Tiefensonden.

Fertigstellung 2021 Bauweise Mischbau
Brutto-Grundfläche 661,78m² Heizung Wärmepumpe
Geschosse 1 Warmwasser Strom
Heizwärmebedarf 37,5 kWh/m²a Lüftung mit Wärmerückgewinnung

3. Passivhauskindergarten Deutsch-Wagram

In der Stadtgemeinde Deutsch-Wagram wurde ein viergruppiger Kindergarten in Holz-Massiv-Bauweise und Passivhaus-Standardexternal link, opens in a new tab errichtet. Eine Wärmepumpe mit Tiefenbohrungen liefert die nötige Heizenergie.

Fertigstellung 2020 Bauweise Massivbau
Brutto-Grundfläche 779,16m² Heizung Wärmepumpe
Geschosse 1 Warmwasser Wärmepumpe, Strom
Heizwärmebedarf 27.9 kWh/m²a Lüftung mit Wärmerückgewinnung

4. Volksschule Sierndorf

In der Marktgemeinde Sierndorf wurde auf dem Gelände der bestehenden Volksschuleexternal link, opens in a new tab ein Teil des Gebäudes abgerissen und durch einen Neubau ersetzt. Der zentrale Gebäudeteil blieb bestehen und wurde östlich und westlich erweitert. Das Gebäude wird durch erneuerbare Fernwärme beheizt. 

Fertigstellung 2020 Bauweise Massivbau
Brutto-Grundfläche 4.063,90 m² Heizung Fernwärme
Geschosse 2 Warmwasser Fernwärme
Heizwärmebedarf 18,8 kWh/m²a Lüftung mit Wärmerückgewinnung

5. Turnsaal und Musikverein Kirchberg am Wagram

Der alte Turnsaal der Mittelschule Kirchberg am Wagramexternal link, opens in a new tab wurde im Zuge der Umbauarbeiten abgerissen. Ein neuer Turnsaal inklusive einer Schulklasse für Nachmittagsbetreuung und einem Musikheim mit Musiksaal, Proberäumen und Aufenthaltsflächen wurde stattdessen errichtet. Der Zubau zum Bestandsgebäude erfolgte in Holzbauweise. Die Wärmeversorgung erfolgt über Fernwärme und eine Wärmepumpe. 

Fertigstellung 2020 Bauweise Mischbau
Brutto-Grundfläche 1.276,94 m² Heizung Fernwärme, Wärmepumpe
Geschosse 2 Warmwasser Fernwärme, Wärmepumpe
Heizwärmebedarf 33,57 kWh/m²a Lüftung mit Wärmerückgewinnung

Mustersanierung

Mit der Mustersanierung fördert der Klima- und Energiefonds Best-Practice-Sanierungen von betrieblichen und öffentlichen Gebäuden. Durch die Vorzeigeprojekte werden sowohl ökologische als auch wirtschaftliche Vorteile von thermisch-energetischen Sanierungsmaßnahmen demonstriert. In Niederösterreich wurden unter anderem folgende Gemeindegebäude einer Mustersanierung unterzogen:

6. Rathaus Hollenstein

Die Gemeinde Hollenstein an der Ybbsexternal link, opens in a new tab hat eine thermische Gesamtsanierung des 1646 errichteten und unter Denkmalschutz stehenden Gemeindeamts vorgenommen. Zusätzlich erfolgten im Gebäude verschiedene Umbauarbeiten im Innenbereich (zum Beispiel im Sitzungssaal) sowie eine barrierefreie Umgestaltung.

Errichtungsjahr 1946 Heizsystem 2 Wärmepumpen
Fertigstellung Sanierung 2020 Heizwärmebedarf  (lt. EA)
Brutto-Grundfläche 986 m² Vorher 262,3 kWh/m²a
Investitionskosten ca. 1,8 Mio € Nachher 130,4 kWh/m²a
Besonderheit denkmalgeschütztes Gebäude Reduktion -50%

7. Kindertagesstätte Langenzersdorf

Die Marktgemeinde Langenzersdorf nahm die thermische Gesamtsanierung eines 1998 errichteten Tennis-Clubhausgebäudes sowie eine Umnutzung vor. Das Gebäude dient nun als Räumlichkeit zur Tagesbetreuung von Kleinkindernexternal link, opens in a new tab. Die Sanierung erfolgte im klimaaktiv Gold-Standard. 

Errichtungsjahr 1998 Heizsystem  Wärmepumpe
Fertigstellung Sanierung 2020 Heizwärmebedarf  (lt. EA)
Brutto-Grundfläche vorher: 383 m², nachher: 407,55m² Vorher 78,4 kWh/m²a
Investitionskosten ca. 1 Mio € Nachher 38,28 kWh/m²a
Besonderheit klimaaktiv Gold-Standard Reduktion -51%

Solare Großanlagen

Solarthermie ist eine Möglichkeit, mit günstiger Sonnenenergie saubere Wärme zu erzeugen. Durch diesen Quick Check können Sie schnell evaluieren, ob die Ergänzung Ihres bestehenden Biomasse-Nahwärmenetzes mit einer solaren Großanlage sinnvoll erscheint. Auch Bürger:innen-Beteiligungsmodelle für solare Nahwärme sind möglich. Gemeinden werden bei der Errichtung von thermischen Solaranlagen gefördert. Eine besonders hohe Förderung gibt es in einer derzeit laufenden Ausschreibung des Klima- und Energiefonds. Diese läuft nur noch bis 24.02.2023.

Nähere Infos zur Solaren Fernwärme finden Sie auf der Website des Vereins Austria Solar.

8. Bio-Solar-Wärme Poysbrunn

Solaranlagen können als Energiedächer oder Energiefassaden in Wärmeproduktionsanlagen integriert werden und so kostenintensive Heizmittel substituieren. In Poysbrunn (Stadtgemeinde Poysdorf, NÖ) wurde 2019 ein solarunterstütztes Heizwerk in Betrieb genommen, das aktuell 110 Abnehmer:innen versorgt. Die Solaranlage auf dem Dach des Biomasse-Heizwerks external link, opens in a new tabliefert pro Jahr 220 MWh solarthermischen Energiezuschuss aus 624 m2 Kollektorfläche.

Steiermark & Kärnten: Solare Fernwärme Friesach und Mürzzuschlag 

Österreichs größte zusammenhängende Solaranlage steht in Friesach in Kärnten (5.750 m²) und deckt den kompletten sommerlichen Warmwasserbedarf im Fernwärmenetz. Die nächstgrößte Anlage steht in Mürzzuschlag in der Steiermark (5.000 m²) und sorgt dafür, dass im Sommer dort der Gaskessel nicht mehr läuft. Die beiden Anlagen haben eine Kapazität von 4 bzw. 3,5 MW.

Wärme aus Abwasser

Die im Abwasser enthaltene Abwärme kann über Wärmepumpen nutzbar gemacht werden. Die Abwasserwärme kann entweder aus der Kanalisation, in einem Gebäude oder auf einer Kläranlage gewonnen werden. Die so gewonnene Wärme kann dann zur Beheizung einzelner Gebäude und Anlagen dienen. Sie kann aber auch zur Unterstützung in ein Wärmenetz eingespeist werden. Derzeit gibt es vom Bund eine Förderung für Anlagen zur Abwärmenutzung von Abwässern

9. Nahwärmeanlage Kröllendorf

Bis 2008 wurde das Abwasser der AUSTRIA JUICE GmbH (ehem. Ybbstaler Obstverwertung) ungenützt in den Kanal geleitet. Jetzt dient es für einen Kindergarten und ein Sporthaus in Kröllendorfexternal link, opens in a new tab, in der Gemeinde Allhartsberg, als Nahwärmequelle.

Steiermark: Die Kläranlage als lokaler Wärmelieferant 

Die meisten Kläranlagen nutzen bereits das Biogas aus den Faultürmen zur Deckung ihres eigenen Energiebedarfs. Doch das Potenzial reicht weit darüber hinaus. Um auch ein nahes Wohngebiet mit Wärme zu versorgen, wurde das Blockheizkraftwerk der Kläranlage Kapfenberg (Steiermark) 2021 an das Wärmenetz angeschlossen. Durch die zusätzliche Nutzung der Abwasserwärme zur Deckung des Eigenbedarfs der Anlage, soll die in das Netz eingespeiste Wärmemenge zukünftig deutlich gesteigert werden. Ein ähnliches Projekt gibt es auch im steirischen Gleisdorfexternal link, opens in a new tab

Kommunale Klimapolitik

Gemeinden können eigene Ziele für die CO2-Reduktion oder die Nutzung erneuerbarer Energien beschließen und in einem Leitbild oder Konzept darlegen, wie Sie diese Ziele erreichen möchten. Dabei können wichtige Stakeholder und engagierte Bürger:innen miteinbezogen werden. In diesen niederösterreichischen Gemeinden wird bereits Klimaneutralität bis 2040 in Angriff genommen:

10. Klimarat der Stadt Baden

In Baden wurde im Herbst 2021 ein Klimaratexternal link, opens in a new tab abgehalten, bei dem Bürger:innen gemeinsam mit Experten und Expertinnen Maßnahmen zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2040 erarbeiteten. Für die Wärmeversorgung wurden unter anderem folgende Empfehlungen an die Politik gemacht: 

  • Erarbeitung eines Masterplans für den schrittweisen Gas-Ausstieg bis spätestens 2035
  • Kündigung der Gas-Verträge mit der EVN, mit dem Ziel, diese zum Ausbau der Fernwärme zu bewegen
  • Kauf der bestehenden bzw. Bau einer eigenen Fernwärme-Infrastruktur durch die Stadt
  • verpflichtender Fernwärmeanschluss bei Neubauten
  • Nutzung von Abwärme aus Abwasser

„Der Klimawandel ist dokumentiert und in den Gemeinden spürbar geworden.“, sagt Bürgermeister Stefan Szirucsek. Er sieht das Projekt als „Start unseres Weges in Richtung Klimaneutralität. […] Der vorliegende Bericht ist eine wichtige Grundlage für unsere weitere klimapolitische Arbeit in Baden.“ Im nächsten Schritt soll ein konkreter Fahrplan zur Klimaneutralität 2040 erarbeitet werden.

11. Wolkersdorf: Masterplan + Energiepolitischer Grundsatzbeschluss

Wolkersdorf hat die Klimaneutralität bis 2040 in seinem Masterplanexternal link, opens in a new tab festgelegt. Im März 2022 folgte ein einstimmiger energiepolitischer Grundsatzbeschlussexternal link, opens in a new tab. Laut diesem sollen „auch auf Ebene der Gemeinde, gemeinsam Maßnahmen geplant und umgesetzt werden um die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu reduzieren“. Anlass war neben der Klimakrise auch der Krieg in der Ukraine: „Das sind jährlich 10 Mio. Euro, die aus Wolkersdorf Richtung Russland und Putin fließen“, rechnete Wolkersdorfs Umweltgemeinderat vor.

Daher will Wolkersdorf:

  • die Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen vorantreiben, indem…  
  • der Ausbau des Nahwärmenetzes und die Nutzung regenerativer Energieformen geprüft und forciert und… 
  • die Bevölkerung zum Umstieg auf regenerative Energieformen informiert und motiviert wird.

Nutzen Sie die bestehenden Beratungs- und Förderangebote für niederösterreichische Gemeinden:

Nähere Infos zu Niederösterreich können Sie hier herunter laden:

Beratungsangebote

  1. Der Umwelt Gemeinde Serviceexternal link, opens in a new tab der Energie- und Umweltagentur NÖ (eNu) bietet kostenlose Erstberatungen zu klima- und energierelevanten Themen und Projekten. 
     
  2. Das Kommunale Förderzentrum NÖexternal link, opens in a new tab berät zu allen klima- und energierelevanten Landes-, Bundes- und EU-Förderungen und unterstützt Gemeinden bei der Fördereinreichung. Auf der Website finden Sie auch eine Übersicht über alle gemeinderelevanten Förderungen von Bund und Land. 
     
  3. Weiterführende Beratungsleitungen (z.B. Ausschreibung, Planung oder Konzeption von Projekten) werden durch das Ökomanagement NÖexternal link, opens in a new tab mit bis zu 75 % der Kosten gefördert. 

Förderstellen

  1. Die Kommunalkredit Public Consulting GmbH (KPC) ist die Anlaufstelle für Umweltförderungen des Bundesexternal link, opens in a new tab. Gefördert werden u.a. energieeffiziente Neubauten bzw. die thermische Sanierung von öffentlichen Gebäuden sowie die Umstellung auf erneuerbare Heizsysteme oder Fernwärme. 
     
  2. Das Amt der NÖ Landesregierung ist Anlaufstelle für alle Landesförderungen. Bspw. werden vom Land Niederösterreich thermische Sanierungen und erneuerbare Heizsysteme zusätzlich gefördert. 

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