Keine dritte Piste für den Flughafen Wien!

Der Flughafen Wien wird ab 2030 mit dem Bau einer dritten Piste beginnen, und damit klimaschädlichen Personenverkehr in Österreich weiter fördern. Über die Umweltverträglichkeit des Bauprojektes gab es viele Diskussionen. Stetige Einsprüche und Revisionen verursachten einen Jahrelangen Rechtsstreit. Schließlich wurden sich das Bundesverwaltungs- und Bundesverfassungsgericht jedoch einig und genehmigten im März 2019 das Vorhaben.

Im Februar 2017 hat das Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) ein Erkenntnis zur „dritten Piste“ veröffentlicht, in dem festgehalten wird, dass der Bau einer weiteren Fluglandebahn in Wien nicht genehmigungsfähig ist. Die Richter bewerten das öffentliche Interesse am Schutz vor den negativen Folgen des Klimawandels als höher als die öffentlichen Interessen an der Verwirklichung des Vorhabens.

Dieses Urteil hat zu heftigen Reaktionen geführt. Die Wirtschaftskammer nennt die Entscheidung etwa „nicht begründbar und standortschädlich“ und sprach von einer „Kompetenzüberschreitung“ des Gerichtes. Dies zeugt jedoch von mangelndem Rechtsverständnis. Die Zuständigkeit des Gerichtes wird im 128-seitigen Erkenntnis klar dargelegt

„Die Errichtung oder Erweiterung eines Flughafens kann nur dann bewilligt werden, wenn (u.a.) dem keine sonstigen öffentlichen Interessen [...] entgegenstehen und das öffentliche Interesse [...] gegeben ist [...]. Die verschiedenen öffentlichen Interessen sind somit gegeneinander abzuwägen.“

Es ist also die Aufgabe der Richter verschiedene Interessen abzuwägen. Andere kritisierten etwa, dass die erwähnten gesetzlichen Grundlagen, wie das Klimaschutzgesetz keine Ableitungen auf einzelne Projekte zulassen. Über Klimaschutz sollte die Politik entscheiden, nicht aber Gerichte. Dass Klimaschutz in der Verfassung von Österreich, Wien und Niederösterreich verankert ist, es ein Klimaschutzgesetz gibt, unionsrechtliche Verpflichtungen bestehen und Österreich das Klimaschutzabkommen von Paris ratifiziert hat, waren für die Richter Orientierungshilfen bei der Abwägung der öffentlichen Interessen. Schließlich haben die Richter eine Entscheidung getroffen und Klimaschutz und dem Erhalt unserer Lebensgrundlagen Vorrang vor dem öffentlichen Interesse an einer verbesserten Flug-Infrastruktur in Ostösterreich gegeben.

  • Öffentliches Interesse an einer besseren Flug-Infrastruktur

Das öffentliche Interesse an einer besseren Fluganbindung nahm das BVwG als gegeben an und nahm ein starkes Wachstum des Flugverkehrs an. Das ist aus unserer Sicht zu hinterfragen, denn in den letzten Jahren war ein Trend zu weniger Abflügen in Wien Schwechat zu verzeichnen. Ein großer Teil der internationalen Flugverbindungen betrifft dabei Städte in Nachbarländern Österreichs, die auch mit Direktzügen erreichbar sind. Mit schnelleren, komfortableren und günstigeren Bahnverbindungen ließe sich schon das bisherige Aufkommen deutlich reduzieren. Ein starkes Wachstum des Flugverkehrs ist also kein Naturgesetz, sondern von der Politik durch geschickte Anreize und Angebote gestaltbar.

  • Öffentliches Interesse an der Schaffung von Arbeitsplätzen

Auch die Schaffung von Arbeitsplätzen wurde vom Gericht als öffentliches Interesse erwogen. Dieses konnte aber nicht ausreichend beurteilt werden, weil es auch Verlagerungs- und Verdrängungseffekte geben kann, die nicht bewertbar waren.

Aus unserer Sicht ist es mehr als wahrscheinlich, dass gerade die Bahn unter einem Ausbau des Flughafens leiden würde. Ein großer Teil der internationalen Verbindungen am Flughafen Wien geht in Städte in Nachbarländern, die mit Direktzügen erreichbar sind. Gegenüber der Bahn wird der Flugverkehr aber steuerlich besser gestellt. Keine andere Branche bekommt so großzügige Steuererleichterungen, die uns jährlich mehr als 500 Mio. Euro kosten. Damit erhält der Flugverkehr einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil gegenüber nachhaltigen Mobilitätsangeboten. Wird der Flughafen in Wien nun nicht ausgebaut, öffnet das die Tür für eine nachhaltige Ausrichtung unserer Mobilität. Wir können mit dem Ausbau der Bahninfrastruktur mindestens ebensogut Arbeitsplätze schaffen wie mit einem Ausbau des Flughafens.

  • Öffentliches Interesse an Klimaschutz

Eines der Hauptaugenmerke des BVwG lag auf der Abwägung des öffentlichen Interesses an Klimaschutz gegenüber den Treibhausgasemissionen (THG), weil dies von der Vorinstanz kaum berücksichtigt wurde.

Im Erkenntnis wird dann von einer Zunahme der österreichischen Treibhausgasemissionen um 1,17 Millionen Tonnen CO2 gesprochen, was aus unserer Sicht eine viel zu konservative Schätzung ist.

Neben dem Klimaschutzgesetz, den unionsrechtlichen und internationalen Verpflichtungen, nimmt das BVwG auch die erwarteten Klimafolgen in Österreich und das Interesse der Bevölkerung an einer Reduktion von Treibhausgasen in seine Abwägung mit auf:

"Aus den Ausführungen [...] ergibt sich, dass der Klimawandel in Österreich bereits im Gange ist und in Zukunft weitreichende Folgen für Mensch, Tiere, Pflanzen sowie die gesamte Umwelt haben wird. Es kommt bei Nichteinhaltung der Reduktionsziele zu beträchtlichen Eigentumswertminderungen, zum Verlust von Arbeitsplätzen, insbesondere im Bereich des Tourismus und der Land- und Forstwirtschaft, zu Hochwasserkatastrophen sowie einer drastischen Zunahme von schweren Hitzetagen. Weiters ist mit beträchtlichen Produktionsverlusten in der Land- und Forstwirtschaft zu rechnen. Diese werden auch den Verlust von Tier- und Pflanzenarten sowie zusätzliche menschliche Todesfälle und schwere gesundheitliche Beeinträchtigungen zur Folge haben. Es ist mit schweren Schäden für die österreichische Landwirtschaft zu rechnen.“

In der Folge schlussfolgerte das Gericht „das öffentliche Interesse an der Errichtung der dritten Piste ist somit überwiegend nicht gegeben.“

Entscheid wurde aufgehoben

Gegen diese Entscheidung erhob der Flughafen Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Daraufhin hob der Verfassungsgerichtshof das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts gegen die vom Flughafen Wien-Schwechat geplante dritte Piste bereits im Juni 2017 als verfassungswidrig auf.

Endgültiger Beschluss: Die 3. Piste kommt

Am 28. März 2018 entschied der Bundesverwaltungsgericht schließlich, dass der Bau der dritten Piste in Wien-Schwechat ermöglicht wird. Am 6. März 2019 wurde das Verfahren beendet. Als Begründung wird angegeben, dass die Emissionen durch den Ausbau nicht dem Flughafen, sondern den Luftfahrtunternehmen selbst zuzuschreiben sind. Deswegen werden diese nicht in die Umweltverträglichkeitsprüfung eingerechnet.

Durch den Bau der dritten Piste werden sich die CO2-Emissionen bis 2025 gegenüber dem Wert von 2003 am Standort Wien-Schwechat laut Einreichunterlagen um 250 Prozent erhöhen. Dabei ist die Belastung durch den Flugverkehr bereits jetzt äußerst hoch. Im Klimaschutzbericht des Umweltbundesamts werden dem internationalen Flugverkehr CO2-Emissionen von 2,2 Mio. Tonnen zugeordnet.