Nach dem starken Erdbeben am 11. März 2011 um 14:46 Uhr und dem Auftreffen des von ihm ausgelösten Tsunami um 15:35 Uhr kam es zur Unterbrechung der externen Stromzufuhr im AKW Fukushima Daiichi und damit zum Ausfall der Kühlung der Reaktoren und Abklingbecken. Die Folge war eine unaufhaltsam fortschreitenden Nuklearkatastrophe. Die Freisetzung von radioaktiven Stoffen erfolgte durch gezielte Druckentlastungen, unkontrolliertes Austreten von radioaktivem Wasserdampf, Brände, Explosionen und durch das Auslaufen und Versickern von hunderttausenden Litern kontaminiertem Wasser. Anders als bei der Tschernobylkatastrophe 25 Jahre davor handelte es sich um vier parallele Super-GAUs und eine noch nicht abzusehende Freisetzungsdauer.
Chronologie der Katastrohe von Fukushima
12. März - Tag 2
Reaktor 1: Direkt nach dem Erdbeben treten radioaktive Gase (Xenon) aus - der Reaktor ist undicht. Innerhalb weniger Stunden fallen die Brennelemente durch den Ausfall der Kühlung und das Verdampfen des Kühlwassers trocken und schmelzen vollständig. Der geschmolzene Kernbrennstoff sammelt sich zunächst am Boden des Reaktordruckbehälters, der mehrere Löcher bekommt und durchschmilzt. Durch das verdampfende Wasser entstehen Wasserstoff und Sauerstoff, das volatile Gemisch reagiert mit dem Zirkonium der Brennelementehüllen. Am 12. März um 15:25 Uhr zerreißt eine Wasserstoffexplosion die Gebäudehülle. In der Folge werden bis zu 8.000 Liter Kühlwasser pro Stunde in den Reaktor gepumpt, das Wasser verdampft aber oder läuft aus dem Containment in den Keller.
14. März - Tag 4
Reaktor 3: Auch in diesem Reaktor kommt es infolge des Ausfalls der Kühlung innerhalb kurzer Zeit zur vollständigen Kernschmelze. Eine gewaltige Explosion am 14. März um 11:01 Uhr setzt große Mengen von radioaktiven Spaltprodukten frei, die durch den Wind insbesondere in Richtung Nordwesten verteilt werden. Es gibt Hinweise darauf, dass es durch die primäre Wasserstoffexplosion zu einer teilweise nuklearen Explosion des Kernbrennstoffs im Abklingbecken gekommen ist, was die viel massivere Explosion im Vergleich zu Reaktor 1 erklärt. Die japanischen Behörden geben aber bis heute nur Teile der damaligen Radioaktivitätsmessungen frei.
15. März - Tag 5
Reaktor 2: In Reaktor 2 findet ebenfalls eine vollständige Kernschmelze statt. Um 6:10 Uhr kommt es zur Explosion und zu einem Leck im Containment, radioaktiver Dampf tritt als weiße Dampffahne an der Seite des Gebäudes aus. Wasser wird mit einer Geschwindigkeit von bis zu 10.000 Litern pro Stunde in den Reaktor gepumpt. Monate nach Beginn der Katastrophe wird klar, dass in Reaktor 1, 2 und 3 das geschmolzene Kernmaterial als Lava - Klumpen auf dem Boden des Containments liegt und mehrere Jahre nur durch große Mengen Wasser von einer neuerlichen Kernschmelze abgehalten werden konnte.
Reaktor 4: Reaktor 4 ist zum Zeitpunkt des Erdbebens für Revisionsarbeiten abgeschaltet. Hier kommt es jedoch mangels Kühlung der 1.331 abgebrannten Brennelemente im Abklingbecken zum Verdampfen des Kühlwassers und zu einer Wasserstoffexplosion um 6:12 Uhr, die das Gebäude zerreißt und das Abklingbecken leck schlägt. Bis zu 210.000 Liter Wasser werden täglich auf das jetzt unter freiem Himmel liegende Abklingbecken gespritzt, die verdampfen oder versickern. Mittlerweile wurde das Reaktorgebäude durch eine Überstruktur stabilisiert, bis Dezember 2014 können alle Brennelemente geborgen und in das zentrale Zwischenlager überführt werden – ein großer Erfolg der Aufräumarbeiten.
16. März - Tag 6
Es wird zunächst versucht, mit Hubschraubern Kühlwasser auf die zerstörten Reaktoren abzuwerfen, was aber - wie schon bei den Versuchen nach der Tschernobylkatastrophe, den Brand von Hubschraubern aus zu löschen - fehlschlägt. Danach spritzen Wasserwerfer der Armee und Feuerwehr Wasser in Richtung der Reaktoren. Später werden mehrere Betonpumpen mit Schläuchen verbunden, die zunächst Meerwasser, später Süßwasser von oben auf die freiliegenden, kochenden Abklingbecken sprühen, um das Schmelzen der abgebrannten, aber noch heißen Brennelemente zu verhindern.
2. April - Tag 23
Reaktor 2: Jetzt wird bemerkt, dass hochradioaktives Wasser aus dem Reaktor unkontrolliert durch einen Kabelschacht ins Meer läuft. Das Wasser hat eine Dosisleistung von 1000 mSv/h: bereits in einer Stunde würde bei einem Menschen, der sich in der Nähe aufhält (also noch nicht einmal mit dem Wasser in Kontakt kommt, geschweige denn es trinkt) die gefürchtete Strahlenkrankheit eintreten. Erst am 6. April kann nach mehreren vergeblichen Versuchen dieses Leck gestopft werden, aber auch danach tritt durch mehrere Lecks immer wieder radioaktives Wasser aus und läuft in den Pazifik.
4. April - Tag 25
Um Platz für hochradioaktives Wasser zu schaffen, das durch die undichten Reaktoren und die Besprühung der Abklingbecken in die Turbinenhallen und Keller der Gebäude gelaufen ist, beginnt Tepco, 11.500.000 Liter Wasser mit einer Radioaktivität von 150 Milliarden Becquerel aus einem zentralen Wasseraufbereitungstank direkt ins Meer abzulassen. Nachbarstaaten wie Südkorea und China protestieren gegen diese Verzweiflungstat, die das Platzproblem nur für kurze Zeit und nur für kleine Teile des hochradioaktiven Wassers lösen kann.
17. April - Tag 38
Ferngesteuerte Roboter werden in Reaktor 1 geschickt, die am 26. April Radioaktivitätswerte von bis zu 1120 mSv/h messen (Grenzwert deutscher AKW-Arbeiter: 20 mSv/Jahr, die Jahresdosis wäre also nach einer Minute erreicht). Ende April betreten Arbeiter erstmals das zerstörte Reaktorgebäude und versuchen, mit Luftfiltern die Radioaktivität im Gebäude zu senken. Nach der Überprüfung der Kontrollinstrumente wird die völlige Kernschmelze sowie das Lecken des Containments bemerkt und die Versuche aufgegeben, den Reaktor zu fluten.