03.11.2021

AKW Mochovce: Flugzeug-Crashnetze unzureichend

Fangnetze für einen möglichen Flugzeugabsturz des AKW Mochovce halten keine Passagiermaschinen.

Erneut wandten sich Whistleblower aus dem slowakischen AKW Mochovce an uns und spielten uns Konstruktionspläne und Fotos von Flugzeug-Crashnetzen von Reaktor 3 und 4 zu. Solche Auffangnetze sollen das AKW vor einem Flugzeugabsturz absichern, damit es im Falle einer Kollision nicht zu einem Super-GAU kommt, der unzählige Leben gefährdet. Wir haben diese Pläne einem renommierten Wiener Ingenieurbüro übergeben, um dort die Maximal-Auslegung der installierten Fangnetze berechnen zu lassen.

Netze halten Verkehrsflugzeug nicht

Das Ingenieurbüro kommt zu dem Ergebnis, dass die Netze höchstens den Absturz eines kleinen Sportflugzeugs wie einer einmotorigen Cessna aufhalten. Nicht einmal ein kleineres Verkehrsflugzeug, geschweige denn eine größere Frachtmaschine, von denen täglich viele das AKW direkt überfliegen, wären davon betroffen.

Flugrouten über AKW Mochovce

GLOBAL 2000

Den Berechnungen zur Folge sind die sechs 22 Meter hohen und 19 Meter breiten Stahlnetze maximal für den Aufprall eines einmotorigen Sportflugzeugs ausgelegt (Cessna 210A). Der Aufprall eines üblichen Verkehrsflugzeugs in Folge eines Unfalls würde die Auslegung der Netze mehr als dreizehnmal übersteigen. Im Fall eines gezielten Angriffs sogar um mehr als 52-mal. Die Ingenieure kommen zum Schluss, dass schon eine kleine zweimotorige Düsenmaschine nicht aufgehalten werden kann.  Militärmaschinen oder große Flugzeugtypen wie Boeing 747-400 (Jumbo Jet) würden weiterhin ohne Probleme den Luftraum überqueren können. 

Die Flugzeug-Crashnetze in Mochovce dienen ganz klar nur zur Beruhigung der besorgten Bevölkerun. Sie leisten keinen Beitrag zur Sicherheit der veralteten Reaktoren. Die einzig sichere und zeitgemäße Schutzvorrichtung ist also, diese Reaktoren niemals in Betrieb zu nehmen.

Luftaufnahme Flugzeugabfang-Netze AKW Mochovce

GLOBAL 2000

EU-Auflage nicht erfüllt

Bereits seit langem ist bekannt, dass die Reaktoren Mochovce 3 und 4 einem unabsichtlichen oder absichtlichen Flugzeug-Absturz nicht standhalten können. Ein solcher Unfall oder Angriff hätte katastrophale Auswirkungen auf uns Europäer:innen.

Die EU-Kommission erteilte daher der Betreibergesellschaft und auch der slowakischen Atomaufsicht bereits 2008 die Auflage, dass dieser Schutz nachträglich zumindest auf den in Europa üblichen – niedrigen – Standard verbessert werden muss:
„...the Commission recommended that the investor – in close collaboration with the national authorities – ‚evaluates and implements additional features […] to withstand a potential deterministic impact from an external source (e.g. a malevolent small aircraft impact) […], bringing the design in line with the existing best practices‘.“ (Europaparlament, parlamentarische Anfragebeantwortung, 5.9.2008, E-4448/08EN)

Die Auflage geht von einem kleineren Verkehrsflugzeug aus und nicht von einer winzigen Sportmaschine. Damit ist die EU-Auflage auch 13 Jahre später nach Berechnung des Ingenieurbüros nicht erfüllt. Wir werden daher bei der EU-Kommission eine Beschwerde einlegen, da die Mindestanforderungen nicht umgesetzt wurden.

Flugezugabsturtz im November 2019 neben AKW Mochovce

Am 28. September 2019 verlor der Pilot eines Kampfjets (MiG-29) bei schlechter Sicht und schwierigen Wetterbedingungen die Treibstoffzufuhr. Dadurch musste er sich mit dem Schleudersitz retten, bevor das voll bewaffnete Flugzeug in einen Wald der Ortschaft Ceroviny in Nové Sady (Bezirk Nitra)external link, opens in a new tab stürzte. Wie gefährlich dieser Flugzeugabsturz wirklich ist, wurde erst jetzt durch slowakische Informanten bekannt. Aus der 14 Kilometer entfernten Absprungstelle des Pilotenexternal link, opens in a new tab bei der Ortschaft Podhorany geht hervor, dass das Kampfflugzeug aus Richtung des 41 Kilometer entfernten Mochovce kam, bevor es aufgrund von technischen Problemen abstürzte.

„Wieder einmal hat Mitteleuropa Glück gehabt: ein voll bewaffneter Kampfjet aus Sowjet-Zeiten verliert nahe laufenden und teilfertigen Reaktoren aus Sowjet-Zeiten die Kontrolle und stürzt ab – gottseidank ohne Verlust von Leben und ohne Explosion der Raketen an Bord“, so Reinhard Uhrig, Anti-Atom-Sprecher von GLOBAL 2000. „Der Unfall zeigt wieder die Unverantwortlichkeit des Uralt-AKW Mochovce: Wir fordern die sofortige Stilllegung der laufenden Reaktoren und einen Bauabbruch von Reaktor 3, der im Frühjahr 2020 in Betrieb gehen soll.“

Die MiG-29 AS, taktische Nummer 6526 mit einer Leermasse von 11 Tonnen und Minimalgeschwindigkeit von 260 Stundenkilometern ist bei Routineflügen der slowakischen Luftwaffe mit mindestens zwei Luft-Luft-Raketen bestückt. Zusätzlich führt die 30-Millimeter-Bordkanone 150 Schuss Munition mit, nur diese Munition detonierte teilweise beim Absturz. Bilder der slowakischen Polizeiexternal link, opens in a new tab zeigen brennende Wrack-Trümmer.

Flugzeugabsturz nähe AKW Mochovce

Polícia Slovenskej republiky

Flugzeugabsturz nähe AKW Mochovce

Polícia Slovenskej republiky

Flugzeugabsturz nähe AKW Mochovce

Polícia Slovenskej republiky

Die Absturzstelle wurde zwischenzeitlich von Experten des slowakischen Militärs geräumt, wie uns die Informanten berichten. Der Absturz ist der letzte einer Reihe von MiG-Abstürzen in der Slowakei.

Absturz nur wenige Minuten nach Mochovce

Selbst wenn man davon ausgeht, dass die MiG extrem langsam unterwegs war, mit Minimalgeschwindigkeit von 260 Stundenkilometern, hat sie die Strecke bis zum Absturzort in 41 Kilometer Entfernung in wenigen Minuten zurückgelegt. Der Kampfjet ist somit nur Minuten nach dem Vorbeiflug am AKW Mochovce abgestürzt.

Österreichische Bundesregierung muss Inbetriebnahme stoppen

Offensichtlich ist die Baustelle auch mehrere Jahre nach dem Beginn der Enthüllungen durch kritische Ingenieure weiterhin völlig außer Kontrolle.
Die Inbetriebnahme von Reaktor 3 wird derzeit noch durch den Einspruch von GLOBAL 2000 bei der slowakischen Atomaufsicht ÚJD gegen die Betriebserlaubnis aufgehalten. Doch das kann sich bald ändern. Wir fordern die Österreichische Bundesregierung auf, wie im Regierungsprogramm angekündigt entschlossen gegen die Inbetriebnahme des verpfuschten Reaktors einzutreten.

Ihre Spende macht unsere Arbeit möglich. Unterstützen Sie uns und helfen Sie so die Inbetriebnahme des AKW Mochovce Reaktorblocks 3 zu verhindern.

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