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Atomkraft in der Slowakei
In der Slowakei laufen derzeit fünf Reaktoren an zwei Standorten, die 2021 52,3 Prozent der Stromerzeugung des Landes lieferten.
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Atomenergienutzung
In der ehemaligen Tschechoslowakei wurde bereits 1958 ein eigener 110-MW-Reaktortyp entwickelt, der 1972 als A1 in Bohunice (jetzt Slowakei) in Betrieb ging. Nach 2 Unfällen (mit 2 Todesopfern) 1976 und 1977 wurde der Reaktor geschlossen, und die tschechoslowakische Atomindustrie stieg auf die damals im Ostblock bewährte sowjetische Reaktorlinie WWER um. In der Slowakei gibt es heute zwei AKW-Standorte, die 2015 55,9 Prozent der Stromproduktion des Landes lieferten. Die Mochovce-Reaktoren stammen aus der ersten Generation russischer AKWs. Als noch riskanter wurden allerdings die ersten zwei Blöcke in Bohunice eingestuft. Daher wurde im EU-Beitrittvertrag das Aus für diese riskanten Reaktoren beschlossen. Versuche der Slowakei, im Zuge der Gaskrise im Jänner 2009, ein Wiederanfahren des gerade geschlossenen Reaktors entgegen den EU-Vereinbarungen zu erreichen, stießen auf massiven Protest und wurden nicht durchgeführt. Am Standort Mochovce sind zwei weitere Reaktoren in Planung. Diese drohen das atomare Risiko für die ganze Region massiv zu verstärken.
2004 wurde die Privatisierung des bisherigen Monopolisten in der slowakischen Energieversorgung, Slovenske Elektrarne, eingeleitet: Slovenske Elektrarne wurde im Jahr 2004 an die italienische Enel verkauft. Enel verpflichtete sich im Gegenzug, die Blöcke 3 und 4 in Mochovce zu bauen. Diese Reaktoren haben eine lange Geschichte: bereits 1978 entschloss sich die damals noch kommunistische Tschechoslowakei zum Bau von vier Atomreaktoren des alten sowjetischen Typs WWER 440/213, nahe der slowakischen Ortschaft Mochovce, nur 100 km von der österreichischen Grenze entfernt. Nach Unterbrechungen im Bau nahmen dann 1998 und 1999 zwei Reaktoren ihren kommerziellen Betrieb auf. Diese wurden nach massiven Protesten auch aus Österreich mit zusätzlichen Sicherheitseinrichtungen ausgerüstet. Die Blöcke 3 und 4 blieben als Bauruinen stehen. Jetzt soll nach dem Willen der slowakischen Regierung und des italienisch-slowakischen Energiekonzerns ENEL/SE der Standort um 2 Reaktoren erweitert werden. Dabei will man auf die bestehende Bausubstanz aufbauen – ungeachtet der Tatsache, dass damit die Realisierung moderner Sicherheitsstandards unmöglich ist. Die vorgesehenen Reaktorkonzepte stammen aus den 70er Jahren und sind völlig veraltet. Ein Containment, das bei einem Unfall die Radioaktivität zurückhält, fehlt. Die Anlage ist nur unzureichend gegen Flugzeugabstürze gesichert. Eine Lösung für die Lagerung des anfallenden Atommülls gibt es auch in der Slowakei nicht. Lange hat die slowakische Regierung die Durchführung einer grenzüberschreitenden Umweltverträglichkeitsprüfung für Mochovce verweigert. Man berief sich dabei auf die vor 30 Jahren ausgestellte Baubewilligung. GLOBAL 2000 intervenierte bei der EU-Kommission, protestierte mit Aktionen und klagte gemeinsam mit anderen Organisationen vor dem slowakischen Verwaltungsgerichtshof gegen dieses Vorgehen. Mit Studien konnten wir belegen, dass Österreich ein Recht auf eine UVP hat. Aufgrund von vielen Whistleblower-Warnungen vor Pfusch auf der Baustelle der Uralt-Reaktoren konnte GLOBAL 2000 im Jahr 2019 eine internationale Prüfung der Baustelle durch eine Kommission der IAEO durchsetzen.
Der Anteil der Atomenergie am Gesamtstrom beträgt 52,3 %.
Standort Bohunice
Blocknr | Typ | Nettoleistung | Inbetriebnahme |
Block A1 | Druckröhrenreaktor KS-150 |
93 MW | 12/1972 - 05/1979 stillgelegt |
Block 1 | Druckwasserreaktor WWER-440/230 |
408 MW | 12/1978 - 12/2006 stillgelegt |
Block 2 | Druckwasserreaktor WWER-440/213 |
408 MW | 03/1980 - 12/2008 stillgelegt |
Block 3 | Druckwasserreaktor WWER-440/213 |
436 MW | 08/1984 |
Block 4 | Druckwasserreaktor WWER-440/213 |
436 MW | 08/1985 |
Block 3 & 4: Hochrisikoreaktor, kein Containment
Störfälle (Auswahl):
- 1976: Block A1: Austritt von radioaktiv kontaminiertem Kühlmittel in die Reaktorhalle, zwei Mitarbeiter ersticken.
- 1977: Block A1: beim Einsetzen eines Brennelements werden Reste des Trocknungsmittels Silicagel vergessen, diese verstopfen die Kühlung, im Reaktor kommt es zu einer partiellen Kernschmelze und radioaktiv verseuchtes schweres Wasser kontaminiert den Primär- und Sekundärkreislauf.
- 1991: Block A1: bei dem Versuch, die Brennelemente aus dem havarierten Reaktor zu holen, stürzt ein Verladekran ein, mehrere Arbeiter und die Reaktorhalle werden massiv radioaktiv kontaminiert. Der Vorfall wird geheim gehalten, erst 2008 sickern Informationen durch.
- 2010: Block 1: Feuer infolge eines Kurzschlusses im Verwaltungsgebäude neben dem abgeschalteten, aber noch immer radioaktiv belasteten Block, kann gelöscht werden, bevor die Flammen übergreifen.
Standort Mochovce
Blocknr | Typ | Nettoleistung | Inbetriebnahme |
Block E1 | Druckwasserreaktor WWER-442/213 |
436 MW | 07/1998 |
Block E2 | Druckwasserreaktor WWER-442/213 |
436 MW | 12/1999 |
Block E3 | Druckwasserreaktor WWER-442/213 |
405 MW | In Bau 1985-1993
2008 – tatsächlich Netzanschluss Jänner 2023 |
Block E4 | Druckwasserreaktor WWER-440/213 |
405 MW | In Bau 1985-1993; 2008- |
Alle Blöcke Hochrisikoreaktoren, kein Containment
Störfälle (Auswahl):
- 26.November 2010: Block 2: Brand eines Turbogenerators.
- September 2019: Block 2: Bei Kontrollen wird festgestellt, dass das Druckabbau-System nicht luftdicht ist, Ventile und Türen sind undicht – die Betreibergesellschaft lässt den Reaktor jedoch über ein Jahr weiterlaufen bis zur nächsten regelmäßigen Wartung. Ende 2020 verhängt die Nuklearaufsicht eine Strafte von 100.000 Euro für diesen Sicherheits-Verstoß.
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