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Chemikalien in der Kleidung
Ob als Alltagsprodukt, oder als Stilmittel - Kleidung geht uns alle an. T-Shirts mit verschiedenen Aufdrucken, Kleider in allen möglichen Formen und Farben und Hosen aus unterschiedlichen Materialien tragen wir täglich auf unserer Haut. Mit den Textilien tragen wir aber auch eine Menge an schädlichen Chemikalien mit uns herum. Was man dagegen tun kann - erfährst Du hier!
Häufig thematisiert werden gefährliche Chemikalien, die sich in unseren alltäglichen Konsumgütern wie unseren Kosmetika und Lebensmitteln verstecken und Umwelt und Gesundheit schaden können. Als Alternative werden beispielsweise Naturkosmetik und Lebensmittel aus biologischem Anbau empfohlen. Doch wie sieht es mit unserer Kleidung aus? Wie stark ist unsere Chemikalienbelastung durch Textilien und gibt es hier Alternativen?
Die Textilindustrie ist voller Chemie
Im Produktionsprozess von Textilien werden ungefähr 6500 verschiedene Chemikalien eingesetzt. Das Gewicht der eingesetzten Substanzen entspricht hierbei ungefähr dem Gewicht des Textils. Das heißt, für die Herstellung von 1 kg Kleidung werden etwa 1 kg Chemikalien verwendet. Diese Zusatzstoffe werden in verschiedenen Produktionsschritten dem Textil beigefügt, damit die Kleidungsstücke spezifische Funktionen erhalten. Weltweit werden 80 Milliarden Kleidungsstücke jährlich hergestellt, wobei 1,2 Milliarden Tonnen Klimagase produziert werden. Damit ist die Textilindustrie für 5-10 % der globalen Klima-Emissionen verantwortlich. Das ist mehr als die Flug- und Schifffahrtsindustrie zusammen.
Vereinfacht lässt sich die textile Lieferkette in folgende Schritte zusammenfassen:
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Beschaffung der Rohmaterialien
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Herstellung der Textilfaser
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Transport der Textilien
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Nutzung der Textilien
Chemikalien in Rohmaterialien
Bereits bei den Rohmaterialien, die in weiterer Folge in Textilfasern verarbeitet werden, kommen Chemikalien zum Einsatz.
Tierische Naturfaser
Für die Verarbeitung von Wolle werden Schafe häufig bei lebendigem Leibe durch sogenannte „Pestizidbäder“ geschickt. Dadurch wird die Reinheit der Wolle gewährleistet und Parasiten im Fell der Tiere vermieden.
Pflanzliche Naturfaser
Bei der Produktion von konventioneller Baumwolle werden ebenfalls große Mengen von Pestiziden eingesetzt, die schädlich für unsere Ökosysteme und gefährlich für unsere Gesundheit sind. Eine schadstoffarme Alternative ist die ökologisch angebaute Baumwolle.
Natürliche Chemiefaser
Bei natürlicher Chemiefaser, die beispielsweise aus Cellulose oder Bambus gewonnen wird, kommt es zu einem hohen Chemikalieneinsatz. Der Rohstoff muss erst chemisch aufbereitet werden, sodass er überhaupt zu einer Textilfaser verarbeitet werden kann, was zusätzlich zu einem hohen Energieaufwand führt.
Synthetische Chemiefaster
Die synthetische Chemiefaser wird auf Erdölbasis gewonnen und besteht größtenteils aus Plastik. Häufig handelt es sich bei synthetischen Textilien um „Performance“-Kleidung, der besondere Funktionen wie beispielsweise „knitterfreie Kleidung“ zugeschrieben werden. Um diese Funktionen zu erfüllen, werden der Kleidung wiederum schädliche Zusatzstoffe beigefügt, auf die im Folgenden noch genauer eingegangen wird.
Recycelte Chemiefaser
Recycelte Chemiefaser stellt einen Versuch dar, die Kreislaufwirtschaft in der Textilindustrie nachhaltiger zu gestalten. Allerdings stößt man hier auf einige Herausforderungen. In recycelter Kleidung oder beispielsweise recycelten Plastikprodukten wie PET Flaschen können sich chemische Altlasten befinden. Diese chemischen Altlasten werden dann wiederum in das neue Kleidungsstück eingearbeitet. Auch hier ist ein hoher Chemikalieneinsatz und Energieaufwand nötig, um beispielsweise aus einer Plastikflasche eine Textilfaser herstellen zu können.
Chemikalien in der Herstellungsphase
In der Herstellungsphase kommt es dann erneut zu vier verschiedenen Produktionsschritten. Auch in diesen Schritten werden jeweils unterschiedliche Chemikalien zum Einsatz kommen, bis die Kleidung für den Transport bereit ist.
1. Vorbereitung der Fasern mit:
Bei der Vorbereitung der Fasern werden vor allem Bleichmittel, starke Säuren und Basen, aber auch Lösungsmittel eingesetzt.
Lösungsmittel
Lösungsmittel sorgen beispielsweise dafür, dass die Farbstoffe beim Färben des Textils in einem nächsten Schritt besser in die Fasern eindringen können – dies ist vor allem bei synthetischen Fasern der Fall. Außerdem reinigen sie die Textilien von anderen Chemikalien, die im Vorhinein eingesetzt wurden und im Textil übrig geblieben sind. Lösungsmittel werden jedoch durch die Luft transportiert, reichern sich in der Umwelt an und sind schwer abbaubar. Außerdem schaden sie der Ozonschicht.
2. Färben des Textils
Farbmittel verunreinigen die Umwelt und verbleiben in Produkten. Unter den Farbstoffen gelten Azofarbstoffe als besonders schädlich. Sie werden synthetisch hergestellt und gelangen in die Abwässer von Textilfabriken, was wiederum gefährlich für Flora, Fauna und Menschen ist. Außerdem setzen sie schädliche „aromatische Amine“ frei, die krebserregend und allergen wirken und dem Immun- und Nervensystem schaden können.
Der Einsatz von Azofarben mit Bausteinen, die als toxisch oder krebserregend eingestuft sind, ist daher in der EU seit 2009 verboten.
3. Waschen der Kleidung
Tenside in Waschmitteln
Tenside setzen die Oberflächenspannung herab, um Schmutz zu lösen. Sie können hautreizend und allergen wirken. Wenn sie in die Umwelt gelangen, können sie Wasserorganismen schädigen.
4. Ausrüstung der Kleidung
Hierbei handelt es sich um den Produktionsschritt, bei dem der Kleidung spezifische Funktionen durch Zusatzstoffe beigefügt werden. Dazu gehören etwa Weichmacher, Beschichtung, Flammschutzmittel, PFAS/PFCs und Konservierungs- und Antischimmelmittel.
Flammschutzmittel
Flammschutzmittel sollen Brände vermeiden oder verhindern und werden daher vor allem in Arbeitsschutzkleidung, wie etwa bei Feuerwehrbekleidung, eingesetzt. Das Mittel findet auch häufig in Sitzmöbeln und Raumtextilien, etwa bei Sofas, Teppichen oder Vorhängen, Verwendung. Flammschutzmittel können allerdings von Kläranlagen meist nicht herausgefiltert werden und gelten als toxisch, krebserregend und schädlich für das Hormonsystem.
PFAS / PFCs
PFAS sind Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen. Sie werden industriell hergestellt und wirken wasser-, fett- und schmutzabweisend. Sie werden daher vor allem bei Outdoorkleidung, Schuhen, Zelten und Imprägniersprays eingesetzt. PFAS sind allerdings auch kaum abbaubar, weshalb sie sich in der Umwelt und auch im Menschen anreichern. Mögliche Auswirkungen auf die Gesundheit sind hohe Cholesterinwerte, chronisch entzündliche Darmerkrankungen, Leberschäden, Beeinträchtigung des Immunsystems, Schilddrüsenerkrankungen, Hormonelle Störungen, Hoden- und Nierenkrebs und Bluthochdruck während Schwangerschaften. Da sie so schwer abgebaut werden, werden sie auch als „Forever chemicals“ bezeichnet. PFAS werden überall auf der Welt durch Luft, Regen, Schnee und Meeresströmungen verteilt. Sie verunreinigen Böden und Gewässer und sind bereits auch an Orten wie der Arktis auffindbar.
Konservierungs- und Antischimmelmittel
Auch für den Transport wird die Kleidung mit Substanzen ausgerüstet, die auf das fertig hergestellte Produkt aufgetragen werden. Hierbei handelt es sich um Konservierungs- und Antischimmelmittel, die die Kleidung während langer Transportwege und Lagerungen zum Beispiel vor Schimmelbefall schützen sollen. Als Konservierungsmittel wird unter anderem Formaldehyd eingesetzt, das als krebserregend eingestuft ist. Unter den Antischimmelmitteln befinden sich Phenole und Chlorophenole, die gefährlich für die Haut sein können und sich in der Umwelt anreichern.
Nutzung der Kleidung
Der letzte Schritt unserer Textilkette ist die Nutzung der Kleidung. Die Chemikalien können hierbei durch das Tragen der Kleidung über die Haut und Atmung aufgenommen werden. Beim Waschen der Kleidung gelangen die Chemikalien ins Abwasser und reichern sich infolgedessen in der Umwelt an. Bei der Anreicherung stellen vor allem auch synthetische Fasern ein Problem dar. Sie basieren auf Erdöl und erhöhen die Verteilung von Mikroplastik in unserer Umwelt.
Schütze Dich vor hoher Chemikalienbelastung
Die Herstellung und Nutzung von Kleidung führt demnach zu einer hohen Chemikalienbelastung in unserem Alltag. Doch auch hier gibt es Alternativen und Tipps und Tricks, wie diese Belastung möglichst gering gehalten werden kann. Damit leisten wir nicht nur einen Beitrag für unsere Gesundheit, sondern auch für unsere Umwelt.
1. Vermeiden
- Textilien mit starkem chemischen Geruch
- Textilien mit Aufdrucken – Vermeidung von PVC (Kunststoff, der durch Zugabe von Weichmachern und Stabilisatoren weicher und formbar gemacht wird)
- Textilien mit Kennzeichnungen bezüglich bestimmter Funktionen der Kleidung: antistatisch, bügelfrei, knitterarm, flammen- und mottenresistent usw. – um Zusatzstoffe zu vermeiden
2. Reduzieren
- Nur kaufen, was wir wirklich brauchen – Reduzierung der Chemikalienbelastung
- Ausmisten – meist haben wir mehr im Kasten, als wir tatsächlich brauchen oder tragen
- Weniger stark gefärbte Kleidung kaufen
3. Wiederverwenden
- Secondhand bevorzugen – durch das häufige Waschen und die Verwendung ist die Chemikalienbelastung oft bereits niedriger
- Alte Kleidung wieder benutzen oder im Freundes-, Bekannten- und Familienkreis tauschen = Upcycling
- Reparieren statt neu kaufen
4. Fair und biologisch produzierte Kleidung kaufen
- Auf Labels wie external link, opens in a new tabGOTS, EU-Ecolabelexternal link, opens in a new tab und ähnliche achten
- Kleidung aus biologischer Baumwolle oder anderen biologischen Naturfasern kaufen
5. Generelle Empfehlungen
- Neu gekaufte Kleidung vor Benutzung waschen!
- Qualität ist besser als Quantität
- Möglichst regional kaufen und besonders lange Transportwege vermeiden
- Auf Gütesiegel achten
6. Melde dich bei unserer kostenlosen Ausbildung zur Chemikalienbotschafter:in an
Um noch mehr über versteckte Chemikalien in unserem Haushalt zu lernen und dein Wissen in Form von Haushalts-Checks weiter zu geben, melde dich bei unserer kostenlosen Ausbildung zur Chemikalienbotschater:in an.
Mit der Unterstützung von:
Das Projekt ist EU-finanziert über die LIFE Schiene und co-finanziert von der Wiener Umweltanwaltschaft und vom Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie. Teilnehmer:innen sind neben Deutschland auch Portugal, Österreich, Griechenland, Schweden, Polen, Frankreich, Tschechische Republik und Finnland.